Farbstoffsolarzellen nach Aussagen der Hersteller fast marktreif
Die Solartechnik wächst langsam aus den Kinderschuhen heraus. Zwar mangelt es trotz vielversprechender Ideen noch immer an geeigneten Speichermöglichkeiten, aber die Zellen selbst gehen jetzt in die dritte Generation – mit ständig steigendem Wirkungsgrad und mehr Flexibilität. Die silikonbasierten Solarpanel der ersten Generation sind nicht nur in der Herstellung teuer und umweltschädlich, sondern auch unhandliches und oft wenig attraktiv in der Monatage auf bzw. an Gebäuden. Schon seit einigen Jahren werden so Alternativen erforscht – nicht nur unauffälligere Einbindungen in die Gebäudestruktur bis hin zur Beschichtung, sondern neue Materialien (Organische Solarzellen) und andere Prinzipien (Farbstoffsolarzelle) und der daraus jüngst vorgestellten hoch effizienten Solarzelle aus dem halb organischen und halb anorganischen Halbleiter Perowskit, einem sehr günstigen Rohstoff.
Die elektrochemische Farbstoffsolarzellen (Dye Solar Cell DSC oder Dye-sensitized Solar Cell DSSC) verwenden zur Absorption von Licht keine Halbleiter wie die aktuellen Solarzellen, sondern organische Farbstoffe wie Chlorophyll. Die Grundlagen der imitierte Photosynthese, die das Grundprinzip darstellt, wurden bereits 1992 von dem Schweizer Michael Grätzel (Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne EPFL) patentierte. Auch wenn sie bei indirekten Lichtverhältnissen sowie möglichem Preis und Umweltverträglichkeit schon länger gut abschnitten, scheiterte eine reale Verwendung bislang zu geringen Wirkungsgrad und einer zu kurzen Lebensdauer der ersten beiden Generationen. Die dritte verspricht den Sprung in die Marktreife zu schaffen.
Funktionsweise
Sie können als ein Art Beschichtung auf diverse glatte Oberflächen wie Glas oder Stahlverkleidung, aber auch Autos und Mobilgeräte auftragen werden und verwandeln sie so zu Solarzellen. Sie bestehen aus Nano-Pigmenten und fotoelektischem Farbstoff, der zwischen zwei Schichten liegt – der Unterlage und einer Abdeckung aus durchsichtigem Material wie Glas oder Plastik. Das Licht, das durch diese obere Schicht dringt, regt Elektronen an, die von den Pigmenten absorbiert werden. Dadurch wird elektrischer Strom erzeugt, der deutlich stärker ist als der in Pflanzen erzeugte, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren. Transparente Farbsolarzellen können auch auf Glas aufgetragen werden und so das Licht von beiden Seiten nutzen.
Interesse in der Industrie
Nachdem die Forschung zum Thema zunächst für ein paar Jahre an schwindendem Interesse und damit auch schwindenden Geldern gelitten hat, gab es in den letzten Jahren wieder neue wissenschaftlichen Projekte. Auch die Industrie entdeckte es für sich, wobei Patentinhaber Grätzel, der 2010 für seine Erfindung mit dem hochdotierten Millennium Technology Prize ausgezeichnet wurde, sich offenbar auch auf diesem Parkett sicher bewegt. Er vergab das Patent bisher an vier Firmen. Die erste Massenproduktion von flexiblen Farbstoffsolarzellen-Modulen begann 2009 die Firma G24 Innovation im walisischen Cardiff, die neben dem australischen Clean-Energy-Konzern Dyesol, der schweizerischen Solaronix und der japanischen Aisin Seiki über eine Lizenz des Grätzel-Patents der EPFL verfügen. Seit 2008 treibt Dyesol in engem Kontakt mit Grätzel die Entwicklung zur Marktreife ihrer Produkte voran. Die Firma, die mit Forschungseinrichtungen kooperiert und auch Material für die weltweite Forschung im Gebiet anbietet, strebt eine vertikale Marktspezialisierung an und arbeitet mit internationalen Joint-Venture-Partnern wie dem britischen Stahlkonzern Corus / Tata und dem US-Glashersteller Pilkington (PNA).
Im Mai verkündete Dyesol einen Durchbruch beim Wirkungsgrad: Mit 11,3 % für Solid-State-Farbstoffsolarzellenbei bei bvoller Sonneneinstrahlung – inzwischen sind über 15 % erreicht – sei die Farbstoffsolarzelle nun gegenüber anderen Solarzellen wettbewerbsfähig – und durch ihre generellen Eigenschaften auch mit den anderen Formen der Energiegewinnung.
Auch Solaronix vermeldet Erfolge in der Umsetzung: Sie zeigt sich verantwortlich für gelben und roten Farbstoffsolarzellen, die die Westfassade des neuen Kongresszentrums des auf dem Campus der ETH Lausanne entstehtenden Swiss Tech Convention Center verkleiden sollen. Damit wird diese neue Technologie zum ersten Mal an einem öffentlichen Gebäude angewendet. Ende 2013 soll im Rahmen das Smart City Graz Projekts die erste Großanlage dieser Art weltweit entstehen, mit 200m². Die ausführende Firma Fibag, die mit Grätzel, der ETH Lausanne und verschiedenen Schweizer Firmen Glass2Energy gründete, hatte schon im April erste Serien-Module am Genfer Flughafen präsentiert.
Bildquellen: Wikipedia
2 Kommentare zu "Farbstoffsolarzellen nach Aussagen der Hersteller fast marktreif"
Trackback | Kommentare RSS Feed
Inbound Links