Ein Liter Licht: Beleuchtung aus Plastikflaschen
Viele Häuser der Armen und neu Zugewanderten in den schnell wachsenden Städten der Welt sind aus Wellblech, Ziegeln und anderen verfügbaren Materialien billig gebaut. Fenster sind in solchen Konstruktionen nicht eingeplant – Glas ist Luxus. Manchmal gibt es elektrischen Strom, der allerdings das schmale Budget stark belastet, und oft nicht mal den. Also ist es auch tagsüber bei strahlendem Sonnenschein zwar heiß in den Häuschen, aber trotzdem stockdunkel. Aktivitäten müssen in die oft noch heißeren Straßen verlegt werden, oder man hantiert mit Kerosinlampen oder Kerzen, was häufig zu Bränden führt.
Sonnenlicht aus der Decke
Von den Philippinen kommt seit zwei Jahren eine Bewegung, die mit einfachsten Mitteln eine Lösung für dieses Problem anbietet. Die Initiative Isang Litrong Liwanag (One Liter of Light) nutzt die omnipräsenten Plastikwasserflaschen, sauberes Wasser, Bleiche (Chlorin), Salz und Klebstoff – damit hat man schon alle Zutaten für ein perfektes Deckenlicht, bei dem Sonnenenergie passiv genutzt wird.
Mit einfachen handwerklichen Fähigkeiten kann man die Flasche so in ein Wellblechdach einbringen, dass sie dort hält und es nicht reinregnet. Das Ergebnis wirkt Wunder: Durch das Wasser wird das Licht von außen gebrochen. Zumindest solange es draussen hell ist, gibt es auch Licht im Heim, wie in einem Haus mit Fenstern – allerdings durch die Brechung viel mehr, als es bei einem einfachen Loch der selben Größe der Fall wäre. Die Flaschen halten mindestens zwei, sogar bis zu zehn Jahre. Durch eine Versiegelung des Deckels und das Salz wird die Verdunstung vermindert, und das Chlorin verhindert, dass sich Mikroorganismen ansiedeln. Die Erhitzung ist nicht so stark, dass sie den Flaschen schadet oder sie gar explodieren. Und das Licht ist sogar noch gut für die Gesundheit: Es fördert die Produktion von Vitamin D im Körper.
MyShelter Foundation: Einfache, lokale Lödungen für große, weltweite Probleme
Die Initiative ist ein Projekt der MyShelter Foundation, gegründet von Illac Diaz. Dessen Vision war eine dezentrale NGO 2.0. Dabei sollten die Ideen nicht von Entwicklungshilfeorganisation und Hilfe von außen abhängig sein, sondern leicht in den Communitys selbst umsetzbar sein, mit Materialien, die für alle kostenlos oder billig verfügbar sind, einfache handwerkliche Fähigkeiten müssen ausreichen, um sie umzusetzen. Die Projekte müssen Arbeitsplätze in den Communitys schaffen und nich auf externe Firmen oder Expert/innen zurückgreifen. Lediglich die Ideen, auf die es keine Patente geben darf, sollten Weltweit verbreitet werden, durch lokale Initiativen und Anleitungen aus dem Internet.
Ziel der MyShelter Foundation ist auch ein ökologisches: Gerade den Ärmsten, die diese am dringendsten benötigten, wollen sie dezentrale billige oder kostenlose grüne Energien verfügbar zu machen. So kam man auch auf die Idee, Abfallprodukte zu recyclen – vor allem Plastikflaschen. Zunächst versuchte man sich erfolgreich daran, diese mit Sand zu füllen und sie als „Öko-Ziegel“ für den Hausbau zu nutzen. Zunächst entstanden in philippinischen Gemeinden selbst errichtete Schulgebäude, inzwischen hat die Idee weltweit Nachahmung gefunden.
Dezentral, recycled und Open Source
MyShelter selbst guckt umgekehrt selbst weltweit nach interessanten Lösungen. So entstand die One Liter of Light-Initiative. Die Idee mit den Plasteflaschen in der Decke stammte vom Brasilianer Alfredo Moser. Der Mechaniker aus Sao Paulo hatte 2002 seine Werkstatt während eines längeren Stromausfalls – in vielen Ländern normaler Alltag – so beleuchtet.
MyShelter startet zunächst eine Grassrootsaktion im Großraum Manila, bei dem Aktivisten der Orgnaisation aus verschiedenen Gesellschaftsschichten und auch den betroffenen Gemeinden selbst vorbereitete Flaschen verteilten. Die Fertigung wurde von Arbeitslosen aus den Gemeinden, aber z.B. auch Gefängnisinsassen übernommen, die sich so etwas Geld verdienen konnten. Die Montage wurde zum Geschäft für lokale Bewohner. Zehntausende Haushalte bekamen so kostenloses Licht, die Idee wurde in 20 anderen Städten auf den Philippinen aufgegriffen, verbreitete sich über One-Liter-of-Light-Ableger nach Indonesien, Bangladesh, und auch in verschiedene südamerikanische Länder und sogar bis in die Schweiz. Inzwischen gibt es auch Ableger in Afrika und dem Nahen Osten. MyShelter stellte die Idee auf dem TEDx Earth Summit in Dubai und auf anderen unabhängigen TED-Veranstaltungen u.a. in Indien vor.
Website Isang Litrong Liwanag (One Liter of Light)