von Februar 17, 2014 6 Kommentare Mehr →

Kompost in der eigenen Wohnung? Richtig gemacht, aber sicher!

Flattr this!

Kompost verbindet man mit Garten. Nur haben viele Städter diesen nicht zur Verfügung und können auch ihren Hof nicht dafür nutzen. Kompostieren kann man jedoch, wenn man es richtig macht, auch in der eigenen Wohnung, ohne dass es stinkt und das Ungeziefer ein und aus spaziert. Man muss sich nur eine Wurmkiste bauen oder kaufen, die Kompostwürmer (ideal: Eisenia Foetida) besorgen und schon hat man eine eigene Quelle für gute Erde und kann zudem auch den eigenen Biomüll „upcyclen“, anstatt ihn wie hier in Berlin in die Biogasanlage zu schicken oder anderswo vielleicht sogar gleich auf die „normale“ Deponie.

Foto:  Holger Casselmann / Wikipedia

Foto: Holger Casselmann / Wikipedia

Wie kann ich eine Kiste bauen oder wo kann ich sie kaufen?
Es gibt mehrere Wege, die nach Rom führen. Wie in der US-Anleitung unten setzt man auf zerlöcherte Plastik-, Metall-, Styrofoam- bzw. Keramik-„Worm Bins“ nach dem Prinzip der Ebenenkompostierer (auch Wurmfarm oder Can-o-Worms), für die es u.a. hier eine genauere Anleitung gibt (Englisch). Hier gibt es eine Anleitung zu einer Wurmfarm im Schuhkarton.

Ich habe mich für den Bau einer Wurmkiste aus Holz entschieden. Das ist etwas teurer (je nach Material, Größe und Bezugsquelle 20 – 60 Euro bei Neukauf aller Bestandteile, man kann aber auch Einwegholz wie z.B. Europaletten benutzen, was sonst nach Gebrauch zerschreddert wird), und mit mehr Arbeit verbunden – dafür aus nachhaltigem Material hergestellt. Eine Anleitung mit weiteren Tipps gibt es hier, hier und auch hier.

Wo kann ich die Kiste aufstellen?
Der ideale Platz ist der Keller, aber auch der Balkon geht (sollte aber im Winter geschützt bzw. in den Keller umgelagert werden). Auch direkt in der Wohnung geht es, wo die Kiste eben hinpasst und nicht im Weg steht. Dann muss man beachten, dass sie einigermaßen gut schließt (wobei sie sich im Gebrauch sowieso verzieht) und dass man keine Reste einfüllt, die bemerkbar riechen könnten (s.u.). Ich habe die Kiste im Flur und vorsichtshalber eine mit Wachstuch bezogene Holzwanne drunter gestellt, falls doch etwas durchsifft. Wichtig ist, dass die Box genügend Luft von allen Seiten erhält, also nicht direkt eine Ecke stellen, oder ohne Lagerhölzer auf den Boden.

Das Holz sollte unbehandelt sein und bleiben, da sowohl Öl und Insektizide dem Innenleben schaden – sowohl den Würmern, aber auch so den Pilzen u.a., die ebenfalls am Verkompostierungsprozess beteiligt sind, andere Giftstoffe sowieso. Die Kiste wird sich schnell durch die Feuchtigkeitsentwicklung verziehen, da kann man wenig machen und an sich schadet das auch nichts.

Eine gut durchfeuchtete Hanf- oder Wollfilzmatte zur Abdeckung hält Fruchtfliegen fern, verhindert ein oberflächliches Abtrocknen der frisch zugegebenen Stoffe und Schimmelpilzbildung. Andere schwören darauf, dass es am Besten ist, die Oberfläche des zu kompostierenden Materials jeweils nach Eingabe einfach mit trockener Erde zu bestreuen, durch die die Fruchtfliegen, Fliegen oder Taumücken, die lästig werden können, nicht durchkommen.

Die frisch gebaute Wurmkiste von außen.

Die frisch gebaute Wurmkiste von außen.

Innenansicht. Später habe ich den rand noch mit einer Lage Hanf abgedichtet, das ich etwas schief gebaut hatte, und auch eine Lage Hanf und darauf etwas Erde in die beiden Fächer eingefüllt. Dann habe ich die Abfälle und die Würmer drauf gegben.

Innenansicht. Später habe ich den Rand noch mit einer Lage Hanf abgedichtet, da ich etwas schief gebaut hatte, und auch eine Lage Hanf in die beiden Fächer gelegt und darauf etwas Erde gefüllt. Dann habe ich die Abfälle und die Würmer drauf gegeben.

Fertige Wurmkiste mit erstem Inhalt

Fertige Wurmkiste mit erstem Inhalt

Wo kriegt man die Würmer her?
Beim selbst ausbuddeln in Park erwisch man zumeist Regenwürmer. Die sehen zwar ähnlich aus, sind aber für Kompost nicht geeignet. Die richtigen Kompostwürmer bekommt man bei Gärtner/innen, die einen Kompost betreiben. Empfohlen werden Würmer aus der Familie Eisenia, besonders Eisenia Foetida oder auch Eisenia andrei, weil sie recht wärmeresistent sind – durch die Umwandlungsprozesse kann der Kompost recht warm werden. Eisenia hortensis, oder Dendrobener Würmer, sind gerade bei Anglern sehr beliebt und so auch lebend in den entsprechenden Fachgeschäften zu bekommen. Es gibt auch professionelle Regen- und Kompostwurmzuchten, deren Tiere man, falls man da niemanden lokal finden sollte, im Internet bestellen kann, z.B. bei Wurmhandel.de, Vermigrand.eu, Kompostladen.de oder Naturga.de.

Ich habe in mich Berlin, nachdem die mir empfohlene Zucht nicht mehr existierte, an verschiedene Urban Gardening Initiativen gewandt und dort freundliche und kompetente Auskunft bekommen, inklusive Würmer. Das ist zumindest bei weniger stressig für die Tiere als ein Postversand, und belastet die Umwelt weniger durch den Transport.

Wie viele Würmer brauche ich?
Man sollte ca. 500 Würmer (knapp 200 Gramm) auf den ersten kleinen Komposthaufen werfen, um Schimmelbildung zu vermeiden. Ein Kilo Kompostwürmer (ca 4000) kann pro Tag durchschnittlich 500 Gramm organischen Abfall verarbeiten.

Welchen Biomüll kann ich verwenden und wie pflege ich meine neuen Haustiere?
Gut sind Kaffee- und Teesatz (abgekühlt), Gemüse- und Ostabfälle, Eierschalen (zerkleinert), Haare, Blumen- und sonstige Grünschnittreste etc. Brotreste sollte man nur in überschaubaren Mengen und gut zerkleinert dazugeben – überhaupt sollte man nicht zu viel von einer Sorte Bioabfall hinzufügen. Man sollte natürlich nur Ungespritztes und möglichst nicht so viele Zitrus- und Zwiebelschalen beigeben, und auch bei Fleisch- oder Fischresten und Milchprodukten sollte man etwas vorsichtig sein, da sie eventuell riechen könnten, weil sie schnell gammelig werden. Auch gekochte Speisereste sind nicht zu empfehlen. Knochen oder auch Nussschalen brauchen zu lange für den Abbau. Öl mögen die Würmer nicht.

Gut für den Feuchtigkeitshaushalt sind Papierreste und Pappe, oder, so zur Hand, auch kleine Stöckchen oder Heu / Einstreu. Gerade wenn man viel Feuchtes wie größere Mengen Gemüsereste einfüllt, verhindert etwas Trockenes dazwischen, dass es anfängt zu stinken oder aus der Kiste unten heraussuppt. Bei Wellpappe bauen sich die Würmer gern Nester in den Rillen – freut sie also. Das Papier / die Pappe sollte möglichst wenige Zusatzstoffe haben. Falls der Kompost zu trocken ist, ein wenig abgestandenes Wasser drübergießen.

Am wohlsten fühlen sich die Würmer bei um die 20 Grad – bei länger anhaltendem Frost bzw. Temperaturen über 30 Grad sterben sie, nachdem sie versucht haben zu fliehen. Ob die Würmer noch leben kann man testen, ohne zu graben oder zu warten, ob was passiert – wenn man ganz genau hinhört, geben sie in der Kiste leise Geräusche von sich, die ein wenig am Schmatzen erinnern.

Foto: Wikipedia / Andreas Thomsen

Kopf eines Kompostwurms und Kokon // Foto: Wikipedia / Andreas Thomsen

Wann kann ich den Kompost entnehmen?
Fertig ist der Kompost, wenn die Abfälle völlig zersetzt sind. Dies geht bei der Wurmkompostierung deutlich schneller als bei „normalem“ Kompost, weil hier die Konzentration an Würmern und Mikroorganismen deutlich höher ist. Im fertigen Kompost finden sich auch kaum noch Würmer, weil hier ja alles aufgefressen ist. Es hilft auch, ihn trocken zu halten, bevor man ihn entnimmt – dann wandern die Tiere ganz von selber ab und man muss sie nicht herausfischen. Übrigens: Das Volumen reduziert sich rapide. Im Durchschnitt bleiben von 10 Litern Küchenabfällen etwa 1,5 bis 2 Liter Wurmhumus übrig.

Weiterführende Tipps:
Es gibt überall Leute, die sich schon länger mit Wurmkompostierung beschäftigen und ihre Erfahrung auch im Netz teilen.

Einige Seiten:
Wurmwelten.de
Worm Composting Help (Englisch / Deutsch)
Kompostladen.de

Buch zum Thema:
Kompost aus der Kiste: Wurmkisten für den Hausgebrauch selbst bauen von Lydia Brucksch und Jasper Rimpau, Ulmer Verlag 2013 (Rezensionm bei München Queerbeet)

Vor Ort
Fast überall gibt es Gärtner/innen bzw. Garten-Initiativen, die sich mit dem Thema auskennen und einen mit Würmern versorgen können. In Berlin findet man u.a. bei den Prinzessinnengärten Rat und kann dort auch Würmer kaufen. Ansprechpartnerinnen sind hier Lisa & Svenja, die man zum Thema unter [email protected] erreichen kann. Hier kann man das „Starterset“ für die Kiste, 500 Würmer plus Substrat, für 10 Euro bekommen. Sie bieten auf Anfrage auch gern Workshops für Kinder und Erwachsene an, u.a. zum Wurmkistenbau mit recycleten Materialien.

Termin:
Am 7. und 8. März bietet Joachim Betzl einen Wurmkistenworkshop im Nachbarschaftsladen Weltraum in der Ratiborstr. 4, 10999 Berlin, an.

workshop weinkisten wurmkisten

compostposter2

55 Personen gefällt der Artikel

6 Kommentare zu "Kompost in der eigenen Wohnung? Richtig gemacht, aber sicher!"

Trackback | Kommentare RSS Feed

  1. Rapha sagt:

    Hallo, vielen Dank für den ausführlichen Artikel. Hat mir viel beim Bauen und Betreiben meiner eigenen Wurmkiste geholfen. Habe mich letztendlich aber für eine mehrstöckige vertikale Kiste entschieden. Das Design habe ich als Bauanleitung hier gepostet http://www.kompostherstellung.de/wurmbox-wurmfarm-fuer-unter-20e-selbst-bauen/

    Danke & viele Grüße

  2. Kai sagt:

    Sehr schön finde ich das 🙂
    Würde mich freuen, wenn Du Deine Wurmfarm auch unter http://wurmpalast.de/wurmhumus-karte/

    eintragen würdest?

    Liebe Grüße, Kai

  3. Feri sagt:

    Hallo,
    ich bin auch gerade am überlegen, wie und woraus ich meine Kiste baue. Die Holzvariante sagt mir eigentlich schon am meisten zu, aber ich bin etwas unsicher wegen der Feuchtigkeit. Die Plastikversionen haben ja meist einen Ablasshahn oder zumindest eine Sammelwanne darunter, ist das bei Holz unnötig, weil die Feuchtigkeit über das Holz aufgenommen und verdunstet wird? Oder drippelt es dann aus den Ritzen? :/
    Bei uns würden hauptsächlich Schnittreste und Grünzeugs von Gemüse anfallen, also eigentlich nicht allzu nass.

    Merci & liebe Grüße,
    Feri

    • Barbara Muerdter sagt:

      Man muss schon aufpassen. Ich habe mal mehrere Salate da rein geworfen, die ich aus dem Biomarkt als Abfall bekommen hatte – es hat nicht nur gestunken (was im Normalfall, richtig gepflegt, nicht der Fall ist) und die kleine Wanne darunter, die ich aus Holz und einer alten Wachstuchdecke gebastelt habe, ist übergelaufen. Das war nicht schön – aber ich habe daraus gelernt: Immer genug Papier oder ander Nässe aufsaugende Sachen mit einwerfen, gerade bei Sachen, die potentiel sehr viel Feuchtigkeit abgeben.

Kommentar posten