Bewusst Leben ohne Geld: Familie Fellmer sucht eine neue Bleibe
Familie Fellmer sucht eine Wohnung. Nichts besonderes eigentlich. Viele junge Familien suchen in Berlin eine bezahlbare Wohnung, was in den letzten Jahren immer schwieriger wurde. Nur Familie Fellmer hat gar kein Geld. Und das ganz bewusst – sie leben ein Experiment, in dem sie ganz ohne Geld leben wollen, und sich von den „Abfällen“ unserer Gesellschaft ernähren, in ihren Nischen leben wollen.
Endgültiges Ziel ist es, in einem geldfreien veganen Ökodorf im Süden Europas zu leben, das bereits Form annimmt: Eotopia. Für Viele ist es unvorstellbar, ohne Geld zu leben. Raphael Fellmer hat es 2010 ausprobiert, auf einer Reise ohne Geld und per Anhalter von Holland mit dem Segelboot über den Atlantik, die ihn über Brasilien durch Zentralamerika bis nach Mexiko brachte. Das Experiment war so erfolgreich, dass er sich sagte: Ich mache weiter, auch mit Frau und Kindern. Derzeit wohnen sie bei einer Familie in Zehlendorf.
In einem Buch fasste Fellmer seine Erfahrungen zusammen – wie es im Alltag aussieht, ohne Geld zu leben, wie man sich selber dabei fühlt und wie andere aus das Konzept reagieren. Er stellt damit viele von uns als „normal“ empfundene Zusammenhänge in Frage, hinterfragt die Rolle von geld und Lohnarbeit in unserer Gesellschaft. Und er zeigt auf, welche Ressourcen in unserer Gesellschaft vergeudet werden: Von Hausleerstand bis zu Lebensmitteln. So ernährt sich seine Familie von „Abfällen“ aus Biomärkten und findet diverse andere Wege, ein glückliches Leben zu führen, ohne mit Geld zu bezahlen.
In diesem Zusammenhang hat Fellmer vor drei Jahren die Initiativen Foodsharing.de und Lebensmittelretten.de ins Leben gerufen. Inzwischen engagieren sich dort nach Fellmers Angaben über 7000 Menschen, mit 20 Koordinator/innen, die eine Million Kilo Lebensmittel bei rund 1000 Betrieben vor der Vernichtung bewahrt werden.
Mit seinem Engagement widerspricht Fellmer auch dem oft gehörten Vorwurf, er sei ein Schmarotzer, der auf Kosten Anderer lebe. Mit seiner Arbeit, auch wenn sie nicht monetär vergütet wird, aber auch seinem anderen Lebensstil, leistet er einen größeren Beitrag für unsere Gesellschaft als manch einer in einem entfremdeten Lohnjob. Allein die widerstreitenden Meinungen über den Lebensstil der Familie regen eine wichtige gesellschaftliche Diskussion an.
Wer mehr über Fellmers Erfahrungen wissen möchte, kann sich hier das Buch „Glücklich ohne Geld“ kostenlos herunterladen bzw. bestellen. Wer kostenlosen Wohnraum für die Fellmers hat, kann sich hier melden.
Website von Raphael Fellmer
YouTube-Kanal von Raphael Fellmer
Interview in der taz (2012)