Anstatt die große Flüchtlingswelle des vergangenen Jahres als Signal zu begreifen, endlich eine neue, nachhaltige und menschenwürdige Strategie bezüglich der weltweit rasant wachsenden Flüchtlingszahlen zu entwickeln, greift in Europa die Panik um sich: Es wird nach nationalen Lösungen gerufen, Asylgesetze werden verschärft, Zäune werden gezogen und Grenzkontrollen wieder eingeführt. Die Regierungen hecheln den Forderungen der Rechtspopulisten, die sie öffentlich gern vollmundig verdammen, hinterher.
Die Türkei wird dafür bezahlt, dass sie die Menschenrechtsverletzungen begeht, mit denen sich Europa nicht die Finger beschmutzen will, Griechenland wird nicht nur allein gelassen, sondern jetzt nicht mal mehr zu den Gesprächen eingeladen. Dabei leidet das Land am meisten unter den nationalen Grenzschließungen und „Obergrenzen“. Neben den Ungezählten, die sich schon zum Teil seit Jahren in der „Zwischenstation“ Griechenland eingerichtet haben, um ein elendiges Leben als Illegale, Halblegale, Geduldete zu führen sind jetzt aufgrund der Grenzschließungen weitere 20 000 Flüchtlinge in dem von einer akuten Wirtschaftskrise gebeutelten Land gestrandet.
Um das Leid der betroffenen Flüchtlinge zu lindern und ihre Menschenrechte einzufordern, versammeln sich in ganz Europa am 27. Februar Menschen, um für sichere Fluchtwege, Flüchtlingsrechte und die friedliche Beseitigung von Fluchtursachen einzusetzen.
Treffpunkte am 27.2.:
Frankfurt: An der Hauptwache, 60313 Frankfurt am Main 13-15 Uhr
Berlin: Am Tränenpalast (Reichstagsufer 17, 10117 Berlin) 14 Uhr
Hamburg: Hachmannplatz 16, 20099 Hamburg 11-14 Uhr
Flensburg: Holmnie, Nicolaistr. 10:30 Uhr
Wien: Resselpark, Karlsplatz, 14 Uhr
Dresden:
Alle Termine in Europa / all European dates hier / here (Facebook).
]]>Denn die GMOs sind untrennbar mit den großen Agrarkonzernen verbunden, die die Bauern in Knebelverträge zwingen, unabhängige Forschung mit allen Mitteln unterdrücken und Regierungen und Gesetzgebung stark beeinflussen, um ihre Profite zu sichern. So wehren sie sich auch vehement gegen eine eingeforderte Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel. Mit den geplanten „Freihandelsabkommen“ wie TTIP würden sie noch mehr Macht bekommen, als sie sie schon haben. So könnte eine Kennzeichnungspflicht, wenn sie denn überhaupt kommen sollte, angefochten werden, weil sie den Wettbewerb einschränkt.
Beim March Against Monsanto wird nicht nur gegen, sondern auch für etwas demonstriert: Eine nachhaltige ökologische, gentechnikfreie Landwirtschaft, die auf kleinbäuerlicher Landwirtschaft, Permakultur und Urban Farming basiert. Das widerspricht der Behauptung der selbsternannten „grünen Revolutionäre“, nur mit industrieller Landwirtschaft und Getechnik könne die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden. Dem hat schon der Weltagrarbericht der UN von 2008 widersprochen und anhand von globalen Untersuchungen und Daten festgestellt, dass im Gegenteil eine kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft in Verbindung mit wissenschaftlicher Agroökologie keineswegs weniger Erträge bringt, aber dafür die Umwelt schont und die Böden regenerieren lässt, da sie auf intakte Ökosysteme und Kreisläufe setzt anstatt ohne Rücksicht auf Verluste Raubbau an der Erde zu betreiben.
Termine aller Veranstaltungen in Deutschland, Schweiz, Österreich und den Niederlanden
Fotos vom March Against Monsanto 2014 in Berlin
TTIP ist eines von vielen so genannten „Freihandelsabkommen“, die, vor allem von den USA ausgehend, weltweit zur Zeit in Verhandlung bzw. schon in Kraft sind. Sie werden als Handelsabkommen verkauft, die die Wirtschaft der beteiligten Partnerländer stärken. Jedoch haben zahlreiche unabhängige Organisationen die wenigen bekannten Details der Geheimverträge genauer untersucht und sind zu dem Schluss gekommen, dass diese „Freihandelsabkommen“ zwischen den wirtschaftsstarken Ländern nicht nur dem Globalen Süden massiv schaden, sondern auch in den Ländern selbst die Demokratie unterhöhlen, indem sie die Macht der Konzerne stärken, die so u. a. die Verbesserung und Regulierung von Umwelt-, Sozial- und Sicherheitsstandards verhindern können.
Entsprechend gibt es seit einiger Zeit massive Proteste gegen TTIP und ähnliche „Freihandelsabkommen“ – Unterschriftensammlungen, Demonstrationen, Informationsverastaltungen etc., die von einem breiten Spektrum von Nichtregierungsorganisationen getragen wird, da diese Abkommen in alle Bereiche des Lebens einschneidet – von Umweltschutz bis zu sozialen Standards. 160 Organisationen haben im Februar in Brüssel vereinbart, einen globalen Aktionstag gegen TTIP am 18. April auszurufen.
Roland Süß von Attac Deutschland: „Hinter den Abkommen versteckt sich ein massiver Angriff auf alles, was uns wichtig ist: Soziale Sicherheit, Arbeitsrechte, Umweltschutz, nachhaltige Landwirtschaft und Demokratie. Für die Freihandelslobbyisten sind all das Handelshemmnisse, die zu beseitigen ihr Ziel ist. Während die breite Masse der Menschen verliert, gibt es einige wenige Gewinner: Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks. Ihre Einflussmöglichkeiten würden sich mit TTIP, CETA und TiSA drastisch erhöhen.“
Überblick über die Veranstaltungen bei Attac Deutschland
Website Globaltradeday (mehrsprachig)
Demonstrieren, aber wie? Wir wollen uns gegen Unrecht auflehnen, politische Forderungen und Ziele erreichen, auf Probleme aufmerksam machen, die Welt ein Stück besser und lebenswerter. Als Mittel der Durchsetzung kennen wir die klassischen Methoden wie Streiks und Demonstrationen, organisiert von Gewerkschaften, Parteien oder Nichtregierungsorganisationen. In den vergangenen Jahren entwickelte sich auch der Flashmob zu einer populären Protestform, bei dem man sich via Hashtag in den sozialen Netzwerken verabredet, um an einem bestimmten Ort eine spontane gemeinsame Aktion durchzuführen.
Aber gerade in den USA haben sich seit den 1960er Jahren diverse innovative Aktionsformen entwickelt, vom Sit-In bis zu „Identitätskorrekturen“, durch die das Aktionskünstlerkollektiv The Yes-Men bekannt wurde: Sie schlüpfen in Rollen von Vertretern großer Konzerne oder aus der Politik und verkünden schier Unglaubliches, entweder als ob sie „geläutert“ wären und ihre Fehler einsähen, oder sie überziehen das Verbrecherische ins Absurde.
Taktiken zum kreativen Nachbauen
Solche und andere Taktiken werden in Beautiful Trouble vorgestellt und die erfahrenen Aktivisten wie eben die Yes-Men schreiben, wie man sie am effektivsten einsetzt. Im zweiten Teil des Buches geht es um „Prinzipien“, die hinter all diesen Protestformen stehen – ethische und moralische, aber auch ganz praktische: Wie kommuniziert man sein Anliegen über diese Aktionen am besten? Wie geht man miteinander um? Wie bleibt man stark und hält durch?
Im dritten Teil werden Theorien vorgestellt, die durch solche Aktionen praktisch durchgesetzt werden sollen, wie die Stärkung oder die Rückgewinnung öffentlichen Raums; es geht um Macht und politische Identität. Im letzten Teil werden ein paar erfolgreiche konkrete Aktionen genauer beschrieben.
Im ganzen Buch werden Qerverweise auf andere Teile und auch die Website gesetzt, quasi als analoge „Links“. Der deutschen Übersetzung wurden auch Texte und verweise aus dem deutschsprachigen Kontext beigefügt, so zum Zentrum für politische Schönheit, dass mit provokativen Aktionen auch hierzulande zu sehr kontrovers geführten Diskussionen anregte.
Andrew Boyd (bekannt geworden u.a. mit der Aktion „Billionaires for Bush„) und Dave Oswald Mitchell kämpfen seit mehr als zwanzig Jahren mit ihren ganze eigenen Mitteln für sozialen Wandel; mit „The Other 98%“ haben sie die Occupy-Proteste vorweggenommen. Da sie feststellten, dass gute Organisation alles ist, haben sie jetzt Beautiful Trouble zusammengestellt.
Buchvorstellungen mit Andrew Boyd:
6.4. Leipzig, Neues Schauspiel, 20 Uhr.
7.4. Berlin, bei den Telekommunisten, informelles Treffen
BEAUTIFUL TROUBLE – Handbuch für eine unwiderstehliche Revolution, Herausgegeben von Andrew Boyd und Dave Oswald Mitchell, orange press 2014
15 x 20 cm | 240 Seiten
illustriert | Klappenbroschur
€ 20,- (D) | € 20,60 (A) | SFr 27,50 (CH)
ISBN 978-3-936086-73-7
Immer mehr Menschen erkennen, dass es nicht so weiter gehen kann wie bisher: In der „marktkonformen Demokratie“ wachsen die sozialen Probleme, die Wirtschaft gewinnt die Macht über die Politik, Eliten bereichern sich, die Zerstörung der Umwelt schreitet in einem Maß voran, dass sie die Existenz der Menschheit bedroht. Die Interessen der Mehrheit der Menschen treten immer mehr in den Hintergrund. Es gibt viele Vorschläge, wie eine bessere Zukunft aussehen kann.
Die Linke meint nun: Zukunft beginnt heute. Wir brauchen Wirtschaftsdemokratie und Care Revolution, Commons und öffentlicher Daseinsvorsorge, Umverteilung und Demokratisierung von Parlament und Öffentlichkeit, mit Willkommenskultur und neuen Formen linker Politik. Auf 80 Veranstaltungen an vier Tagen soll die Frage beantwortet werden: Was sind linke Alternativen und Strategien für eine wünschbare Zukunft? Mit Vorträgen, Diskussionen, Strategiewerkstätten, Vernetzungstreffen, Kultur, Stadtspaziergängen und auch bei Partys sollen diese Ideen präsentierte und besprochen werden.
Mit dabei:
Elmar Altvater, Volker Braun, Dietmar Dath, Alex Demirovic, Frank Deppe, Klaus Dörre, Anke Domscheit-Berg, Gregor Gysi, Bini Adamczak, Frigga Haug, Bernadette LaHengst, Katja Kipping, Volker Lösch, Birgit Mahnkopf, Chantal Mouffe, Bernd Riexinger, Hans-Jürgen Urban, Sahra Wagenknecht, Hilary Wainwright, Gabriele Winker, Raul Zelik – und: Leute von Syriza, Ver.di, Blockupy, Erwerbslosenforum, Interventionistische Linke, Podemos, IG Metall, Gewerkschaft der Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger (USA), Occupy und vielen mehr.
Überblick über alle Veranstaltungen
Termin:
23. bis 26. April 2015
Berlin, Franz-Mehring-Platz 1 und Umgebung
Eintritt frei, barrierefrei, Anmeldung, Kinderbetreuung und Bettenbörse unter [email protected]
Anmeldung
Website Linke Woche der Zukunft
Blog Linke Woche der Zukunft
Seitdem die Regierung im Januar gewählt wurde und am 12.2. die Amtsgeschäfte übernahm versucht sie, auf einen anderen ökonomischen Kurs in Griechenland und ganz Europa zu drängen. Ihr eigenes Land ist das schlimmste Beispiel dafür, wie sehr die neoliberale Austeritätspolitik gescheitert ist. Viel besser sieht es in Spanien, Portugal und Irland auch nicht aus. Europa, genauer die Europäische Union, ist in der Krise.
Die neuen linken Volksbewegungen wie Syriza und Podemos zeigen neue Wege auf, die ege aus der Krise aufzeigen können und die Massenverelendung und den südeuropäischen Ländern aufhalten könnten. Die Analysen und Vorschläge werden auch von dezidiert nicht-linken Ökonomen geteilt. So schrieb Wolfgang Münchau in der Financial Times vor einigen Monaten einen Artikel mit dem Titel „Radical Left is Right about Europe’s Debts“, indem er sagt, die „radikale“ Linke in Europa seinen die einzigen, die eine richtige und konsequente Europolitik anbieten würden.
Die neoliberal und von Lobbyinteressen der Banken und Konzerne dominierte EU jedoch beharrt auf ihrem aktuellen Kurs. Während andere Regierungen 100 Tage Schonzeit bekommen, versucht man die neuen griechischen Regierung, die ein extrem schwieriges Erbe antritt, das sie nicht verschuldet hat, von Angang an in die Knie zu zwingen anstatt die Chance für eine dringend notwendige Kurskorrektur zu nutzen. die Politik der Syriza wird als Bedrohung gesehen, weil sie Schule machen könnte und somit zu einem Kurswechsel in ganz Europa führen könnte. Das ist offensichtlich nicht gewollt.
So kommt es zu einer unfasslichen Medienhetze gegen die neue griechische Staatsführung und „die Griechen“ im Allgemeinen, allen voran nicht ganz unerwartet die BILD-Zeitung, aber auch im deutschen Fernsehen wurde der neue griechische Finanzminister behandelt, als ob er auf der Anklagebank säße, und nicht wie jemand, der neue Ideen für Veränderungen einbringt. So entsteht eine Stimmung aus Arroganz, Anmaßung und Unmenschlichkeit in der Politik, den Medien und Teilen der Bevölkerung.
Während alle auf die neue griechische Regierung einprügeln, verschlimmert sich die Lage im Land weiter: Massenarbeitslosigkeit, erhöhte Säuglingssterblichkeit und eine allgemeine Krise der medizinischen Versorgung, eine erhöhte Selbstmordrate und massiv steigender Drogenkonsum sind nur die Spitze des Eisbergs. Die griechische Wirtschaft schrumpft weiter, während der Staat Milliarden an Krediten an die Gläubigerbanken zurückzahlen muss. Nach Berechnungen der EU ist Griechenland ab 8. April in Zahlungsschwierigkeiten.
Griechenland brauch dringend Unterstützung und Solidarität. Ein Minimum ist es, die grundlegende Versorgung aufrecht zu erhalten, z. B. im Gesundheitswesen und in den Schulen, die aus den Sparmaßnahmen, die die Troika fordert, herausgenommen werden müssen (Aufruf von AVAAZ dazu). Weiterhin sollten wir uns über die Hintergründe informieren – wie sieht die Lage in Griechenland aus? Was will Syriza? Dazu unten ein paar Infos. Die Politik von Syriza ist nicht nur ein Aufbruchssignal für Griechenland, sondern kann ganz Europa verändern zu einem Europa der Menschen und nicht der Banken und Konzerne (dazu ein englischer Text von Yannis Varoufakis auf seinem Blog hier). Davor haben letztere Angst. Deshalb müssen wir zeigen, dass wir hinter dem griechischen Volk und für eine neue Politik in Europa stehen – auch, indem wir am Montag auf die Straße gehen!
Termine:
Montag 23.3.2015
AVAAZ-„Kuss & Umarm-Flashmob“
ab 15.30 Uhr
Griechenlandsolidarität-Demo „Griechenland ist nicht allein!“
ab 16 Uhr
beide vor dem
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin
Hintergrundinformationen:
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Der Aktionstag soll am 18.3. bereits um 7 Uhr mit Blockaden der EZB-Eröffnung beginnen. Ab 12 Uhr gibt es eine DGB-Demo und ab 14 Uhr die Kundgebung auf dem Römer. Von dort aus soll ab 17 Uhr auch die Demo zum Abschluss der Veranstaltung losgehen.
Blockupy ist ein vielfältiges linksgerichtetes europäisches Aktionsnetzwerk, an dem unter anderem Gewerkschaften, Schüler- und Studentengruppen, Arbeitsloseninitiativen und feministische Gruppen beteiligt sind. Sie richtet sich gegen die Austeritätspolitik und will ein neues Europa schaffen, in dem es sich für Demokratie und Solidarität von unten einsetzt. Es richtet sich – leider nötig – ausdrücklich gegen jede rassistische oder nationalistische Spaltung, Verschwörungstheorien und Antisemitismus. Das bundesweite Blockupy-Bündnis wird getragen von Aktivistinnen und Aktivisten verschiedener emanzipatorischer Gruppen und Organisationen, darunter die Interventionistische Linke, Attac, Occupy Frankfurt, Gewerkschaften, Jugend- und Studierendenverbände, das Erwerbslosen-Forum Deutschland, die Partei Die Linke, das Netzwerk Friedenskooperative und das Bündnis „Ums Ganze“.
Gegen die organisierte Alternativlosigkeit, gegen die Katastrophen der Verarmungspolitik, für Solidarität mit Griechenland!
]]>Die enorm steigenden Ölpreise nach der US-Invasion im Irak 2003 führten dazu, dass die Mineralkonzerne die Förderung der Ölsande im kanadischen Alberta vorantrieben. Bis dato waren Ölsandvorkommen nicht zu den globalen Reserven an fossilen Brennstoffen gezählt worden, weil ihre Förderung als unökonomisch betrachtet worden war. Durch den enorm gestiegenen Ölpreis gab es jedoch die Aussicht, trotz der kostenintensiven Förderung hohe Profite zu machen. Durch diese Aussicht auf maximale Profite wurden alle vorhandenen Umweltbedenken in den Wind geschlagen und das Zeitalter des „extreme energy“-Booms begann – Fracking, Ölsande und die Ölförderung in der Arktis, mit risikoreichen, besonders umweltschädlichen Techniken wurden massiv vorangetrieben.
Naomi Klein bezeichnet den aktuellen niedrigen Ölpreis, der auch wieder steigen wird, als einen „Moment zum Luftholen“ für die Umweltschützer, die gegen diese „extreme energy“ kämpfen – speziell die Keystone XL-Pipeline für die kanadischen Ölsande zu den Raffinerien und Häfen quer durch die USA. Derzeit würden Investoren aus den „extreme energy“-Geschäften aussteigen oder diese auf Eis legen, weil sie zu teuer seien, und es gäbe weniger Druck, die Ölförderung in der Arktis voranzutreiben.
In diesem Kontext wäre es leichter, politische Siege zu erringen. Wenn die reichsten und mächtigsten Konzerne der Welt darauf drängten, in der Arktis Öl zu fördern haben Umweltschützer mit politischen Forderungen, diese Förderung zu verbieten schlechte Karten. Wenn aber die eigenen Investoren sagen, das ist eine gute Idee, dann ist das eine gute Chance, aus der Förderung fossiler Brennstoffe ganz auszusteigen, ganz im Sinne der Divestment-Bewegung und der Forderung, die fossilen Brennstoffe im Boden zu belassen.
Nutzen wir diese Chance allerdings nicht, um unsere Ziele politisch durchzusetzen, so Klein, kann der niedrige Ölpreis auch zum Gegenteil führen. Aus simplen ökonomischen Gründen: Wenn das Öl billig ist, kann man es auch ausgiebig nutzen und alle bisherigen Einsparversuche werden über Bord geworfen.
Mehr Informationen zum Thema u.a. in Naomi Klein Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima, Originaltitel: This Changes Everything – Capitalism vs. Climate (erscheint am 5. März im S. Fischer Verlag / Ankündigung des Verlags / Rezension demnächst auch hier auf Plan A(lternative). Naomi Klein live in Deutschland am 20.3. in Köln und am 22.3. in Berlin. Update: Naomi Klein wird auch bei Blockupy am 18.3. in Frankfurt / Main sprechen. Mehr dazu bei Attac.
„Wir sind keine Minderheit und auch keine schweigende Mehrheit. Wir sind eine zum Schweigen gebrachte Mehrheit“ sagte die US-amerikanische Radio- und Fernsehmoderatorin Amy Goodman in ihrer Keynote. Sie meinte damit all die Menschen, die sich aktiv für eine bessere Welt einsetzen, gegen den aktuellen Status Quo kämpfen, sei es in ihrem Umfeld, national oder global. Deren Existenz käme in den US-Medien kaum bis gar nicht vor, so Goodman. Vor dem Irakkrieg zum Beispiel seien in den großen Medien 390 Interviews zum Thema geführt worden – nur drei davon mit Kriegsgegnern. Die Stimmung in der Bevölkerung war laut Meinungsumfragen 50 / 50. Mit ihrem Sender Democracy Now! will sie diese verschwiegenen Stimmen hörbar machen.
Diese Grundidee, die schlummernde politische Kraft in der Bevölkerung sichtbar zu machen und so zusammenzuführen, dass die Mächtigen diese Meinungen nicht mehr ignorieren können, ist auch die Grundidee von Campact. Sie wollte die dem neuen Medium Internet innewohnende Kraft nutzen, wie es schon das Vorbild MoveOn.org aus den USA getan hatte. Mit Online-Petitionen sollte gezeigt werden, dass viele Menschen in der Bevölkerung bestimmte Vorstellungen von kleinen und großen Entwicklungen in der Gesellschaft haben, die die Politiker in einer Demokratie zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen haben.
Wie soll unsere Demokratie gestaltet werden?
Nachdem man sich auf der Gala anlässlich des Geburtstags ein bisschen selbst gefeiert hatte, wurde auf der Konferenz am Samstag wurde nach zehn Jahren in mehreren Podiumsdiskussionen eine kritische Zwischenbilanz gezogen: Was ist gut gelaufen und was nicht so? Wie kann man das Konzept in Zukunft verbessern? Welche Fragen müssen gestellt werden? Wie kann man auch global besser zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen? Welche Ziele sind das überhaupt?
Auch wenn die Anwesenden alle in der Grundfrage übereinstimmten, dass die Meinungshoheit der Eliten gebrochen werden muss, und dass die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung eine Stimme finden müssen, gab es durchaus unterschiedliche Standpunkte.
Bei einer Podiumsdiskussion zum Nutzen von Online-Aktivismus sagte Ben Brandzel, Mitgründer von MoveOn.org, er wolle eine funktionierende repräsentative Demokratie herstellen. Dazu nutzt er Methoden, wie sie seit knapp 100 Jahren in der US-amerikanischen Konsumforschung entwickelt worden sind und inzwischen auch zur Befragung zu politischen Themen verwandt werden. Die Umweltaktivistin Hanna Poddig hatte dagegen deutlich radikalere Vorstellungen von gesellschaftlichem Wandel. Ihre Ideen gehen eher in Richtung Basisdemokratie und Anarchie.
Wie kann man Menschen erfolgreich in den demokratischen Prozess einbinden?
Auch wie sich eine erfolgreiche und stetig wachsende Organisation wie Campact selbst kannibalisiert und auch kleiner Themen beiseite gedrängt werden stand zur Debatte: Wenn es Petitionen mit Tausenden von Unterschriften gibt, nimmt kein Politiker ein paar Hundert mehr zur Kenntnis. Wenn über Wichtigkeit von Themen ein breiter Konsens gefunden werden muss, gehen spezifischere bzw. im Vergleich zur Mehrheitsmeinung radikalere Forderungen unter.
Lösung könnte zum Beispiel kreativere Methoden sein, diese Themen zu präsentieren. So nannte Brandzel ein Beispiel, bei dem online jeweils 45 Stimmen aus einem Viertel zusammengetragen wurden und von einer beteiligten Person persönlich zu ihrem / ihrer lokalen verantwortlichen Politiker/in ins Büro gebracht werden. Die Besucher gaben sich hier quasi die Klinke in die Hand und waren so präsent, dass die Politiker/innen dem Thema stellen mussten. Und auch die Unterzeichner/innen wurden mehr einbezogen und übernahmen Verantwortung. Viele von ihnen hätten zum ersten Mal ihre zuständigen Kommunalpolitiker/innen besucht, erzählte Brandzel.
Überhaupt wollte man online und real life nicht trennen – die neue Technologie sei nur ein weiteres Mittel, Menschen über nutzbare Kommunikationswege zu erreichen. Auch zum Vorwurf der Oberflächlich von Online-Petitionen wurde das Für und Wider diskutiert, ebenso ob Engagement online eher von einem in der Community abhalte oder „unpolitische“ Menschen zu mehr Engagement bewege konnte nicht geklärt werden, da es dazu keine Statistiken gäbe. Man war sich einig, dass die Online-Kommunikation auf jeden Fall ein Mittel ist, das man (auch) zur Mobilisierung nutzen sollte, weil es, wie Brandzel sagte, eben schnell, leicht zugänglich und skalierbar – das heißt, größere Mengen an ausgesandten Mails sind nicht teurer und kosten nicht mehr Aufwand – ist.
Bei einer weiteren Podiumsdiskussion zum Thema Überwachung diskutierten Peter Schaar, Anne Roth und Konstanze Kurz unter anderem darüber, wie man abstrakte Themen greifbarer machen kann, so dass Menschen auch das Gefühl dafür bekommen, wie sie davon betroffen sind. So sei die NSA-Überwachung durch Edward Snowden personalisiert worden und die Kampagnen zum Thema liefen sehr erfolgreich.
Gesellschaftliche Meinungsbildung braucht nicht nur Aktivismus, sondern auch Zeit
Heribert Prantl hatte gleich zu Beginn darauf hingewiesen, dass man natürlich nicht erwarten kann, dass man eine Petition startet oder wie er einen Kommentar schreibt, und die Dinge ändern sich sofort. Aber man könne Menschen auf ein Thema aufmerksam machen und sie dafür sensibilisieren. So hat er das Gefühl, dass sein und das Engagement vieler anderer gegen die Flüchtlingspolitik über die letzen zwei Dekaden einen Meinungsumschwung bewirkt habe. Viel mehr Menschen fänden heute zum Beispiel die Tatsache, dass Flüchtlinge an Europas Außengrenzen zu Tausenden sterben als empörend.
Auch jenseits der Podien entwickelten sich zahlreiche interessante Gespräche. In einer offenen, freundlichen und aufgeschlossenen Atmosphäre entstanden viele fruchtbare Gespräche zwischen den Teilnehmer/innen – unter den Besucher/innen und auch den Campact-Mitarbeiter/innen, die sich „unters Volk“ mischten, soweit sie nicht mit Organisatorischem beschäftigt waren, und auch der eine oder die andere Podiumsdiskutant/in kam dazu. Über ein Altersspektrum von Teenager bis hochbetagt fanden Gleichgesinnte Anknüpfungspunkte für Austausch und Kooperationen.
]]>Neue Techniken zur Förderung von Erdöl, Ergas und auch Kohle eröffnen seit einigen Jahren Möglichkeiten, bisher unerreichbare fossile Energieträger aus der Erde zu holen: Fracking, Förderung von Ölsanden, Öl- und Gasförderung in der Tiefsee und der Arktis, und Mountaintop Removal Mining, das Abtragen von Bergkuppen zur Kohleförderung. Im Englischen werden sie als „Extreme Energy“ bezeichnet. Ihre Förderung ist nich nur technisch aufwendig und teuer, sondern auch deutlich umweltbelastender und gefährlicher als die herkömmliche Förderung. Die Mineralölkonzerne haben Dollarzeichen in den Augen – Extreme Energy bedeutet für sie, dass sie ihr Geschäftsmodell fortführen und weiter enorme Profite erwarten können. Darüber vergisst man sogar die halbherzigen Ansätze zur Förderung erneuerbaren Energien, wie es sie vor wenigen Jahren einmal gab.
Umweltverbänden steht jedoch das Entsetzen in den Augen, weil diese Entwicklung genau das Gegenteil von dem ist, was im Moment notwendig ist, um den Klimawandel aufzuhalten. In den vergangenen Jahren haben mehrere Studien gezeigt, dass 80 Prozent der globalen Reserven an fossilen Brennstoffen im Boden bleiben müssen, um eine Erderwärmung über zwei Grad zu vermeiden und einen katastrophalen Klimawandel zu verhindern. Zudem werden durch diese neuen Fördermethoden teilweise deutlich mehr klimschädigende Gase frei gesetzt und auch die Gefahren anderer Umweltschäden u.a. durch Verseuchung des Trinkwassers, gebostene Ölleitungen und andere Unfälle steigen ebenfalls nachweislich im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden.
Universitäten und öffentliche Einrichtungen der USA ziehen sich auf Druck von Unten aus der fossilen Energiebranche zurück
Da sich die Förderung dieser fossilen Brennstoffe aus der Peripherie – dem Globalen Süden und armen Communities in die Zentren verlagert hat, und so auch gesellschaftlich mächtigere Schichten direkt betroffen sind, werden nicht nur die Aktivist/innen unruhig. In den USA ist es jetzt die vorrangig weiße Mittelschicht, die anfängt aktiv zu handeln. In den letzten Jahren machte vor allem die anfänglich stark von Studenten bestimmte Divestment-Bewegung von sich reden, die unter anderem die berühmte Harvard-Universität aufforderte, ihre Anlagen von 33 Milliarden Dollar aus der Kohle- und Ölindustrie in andere Bereiche zu verlagern. Die Student/innen bekamen nicht nur die Unterstützung diverser Lehrkräfte, die Bewegung wurde auch jenseits der USA, zuerst in Kanada und später auch anderen Ländern aufgegriffen. Die führende Umweltplattform 350.org griff die Idee auf und startete eine Kampagne namens Fossil Free. Der größte Erfolg bisher war die Ankündigung der ebenfalls sehr renommierten Stanford-Universität, ihre Anteile von 18,7 Milliarden Dollar in der Kohle-Industrie in andere Bereiche zu verlegen.
Ziel dieser Kampagnen ist es nicht, die Mineralölkonzerne finanziell trocken zur legen, dann natürlich finden sich neue Anleger, die weniger moralische Skrupel haben. Es geht darum, den Mineralölkonzernen die gesellschaftliche Legitimation zu entziehen und so die wichtigen staatlichen und globalen Maßnahmen zu erzwingen, derer es bedarf, um die Energiewende umzusetzen und den Klimawandel einzudämmen, wie Steuern auf fossile Energieträger, mit denen Erneuerbare Energien systematisch ausgebaut werden und ein Verbot von Fracking und anderen extrem umweltschädigenden Fördermethoden sowie der Förderung von in besonders ökologisch sensiblen Gebieten wie der Arktis.
Eine ähnliche Taktik wurde bereits in den 1980ern erfolgreich eingesetzt, um das südafrikanische Apartheidsystem zu stürzen, und wird seitdem immer wieder verwendet, um menschenverachtende Politik zu deligitimieren. Das angekündigte Veto des scheidenden US-Präsidenten Obama zum Ausbau der massiv umstrittenen KeystoneXL-Pipeline, die Ölsande aus dem kanadischen Alberta durch die USA leiten soll, sowie seine Ankündigung, weitere Öl- und Gasbohrungen vor Alaska zu verhindern, in dem er große Teile der Region zum Umweltschutzgebiet erklären will, sind ein Anfang und Ergebnis des massiven politischen Drucks durch verschiedene Umweltinitiativen, u.a. der Divestment-Bewegung.
Reinvestieren in eine neue Ökonomie
Ein positiver Schritt nach dem Divestment ist eine Reinvestition der frei gewordenen Gelder in Projekt, die eine neue Wirtschaft fördern – in Erneuerbare Energien, aber auch in lokaler Wirtschaftskreisläufe und zur Schaffung von Jobalternativen in ärmeren oder abgelegeneren Regionen, wo es sonst außer mit Mineralöl- oder Kohle in Verbindung stehenden keine anderen Optionen gibt.
Dan Apfel, Chefberaters der Divest-Invest-Bewegung mit langjähriger Erfahrung als Leiter der Responsible Endowments Coalition, errechnete, dass fünf Prozent des Geldes aus öffentlichen Einrichtungen der USA, Bildungseinrichtungen, Kirchen, Rentenfonds, Stiftungen, gemeinnützigen Vereine und Organisationen etc., 400 Milliarden Dollar ergeben würden, die man als dringend notwendige Investitionen für Projekte verwenden könnte, mit denen ein neue, nachhaltige Ökonomie aufgebaut wird. Damit könne man nicht nur Gutes tun und Druck auf die Politik ausüben, sondern auch ebenso nachhaltige Erträge aus den Anlagen erzielen. Die Kohleindustrie ist in den USA schon auf dem Rückzug – einerseits aufgrund der Konkurrenz durch das Fracking, aber auch durch Umweltinitiativen vom Widerstand der First Nations bis zur Divestment-Bewegung.
Mehr Informationen zum Thema u.a. in Naomi Klein Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima, Originaltitel: This Changes Everything – Capitalism vs. Climate (erscheint am 5. März im S. Fischer Verlag / Ankündigung des Verlags / Rezension demnächst auch hier auf Plan A(lternative). Naomi Klein live in Deutschland am 20.3. in Köln und am 22.3. in Berlin. Update: Naomi Klein wird auch bei Blockupy am 18.3. in Frankfurt / Main sprechen. Mehr dazu bei Attac.
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