Plan A » Feature http://www.plan-alternative.de Alternativen - für das gute Leben Sun, 20 Apr 2014 10:35:27 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.9 Democracy Now! – eine einzigartige Medieninstitution wird 18 http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/02/24/democracy-now-eine-einzigartige-medieninstitution-wird-18/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/02/24/democracy-now-eine-einzigartige-medieninstitution-wird-18/#comments Mon, 24 Feb 2014 14:04:29 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=6246 Seit 18 Jahren sendet der Radio- und Fernsehkanal Democracy Now! unabhängige Nachrichten und kritische Hintergrundberichte zu US-amerikanischen und globalen Ereignissen – aus einer progressiven Sicht, aber ohne Propaganda. Sie stammt aus der unabhängigen Radiobewegungen der USA und ist heute nicht nur in ihrem Heimatland, sondern weltweit eine der wichtigsten, einflussreichsten und seriösesten Quellen für politische Information jenseits der staatstragenden und wirtschaftsinteressengeleiteten Medien.

Logo Democracy Now!

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Wo finde ich in “den Medien” die Fakten?

Gerade bestimmen wieder zwei Ereignisse die Medien, in denen es aufgrund verschiedener starker Interessenlagen schwierig ist herauszufinden, was wirklich los ist. In der Ukraine haben sowohl die EU als auch die USA, genauso aber Russland extrem starke Machtinteressen, die sich nicht nur in der Berichterstattung von der russischen Regierung bezahlten Auslandssender RT, den viele gern als alternative Informationsquelle heranziehen, widerspiegelt, sondern auch extrem stark in den sich so neutral gebenden westlichen Medien. Hier wird von beiden Seiten kräftig Propaganda verbreitet. Ähnliches gilt für Venezuela: Hier wird, nach anfänglich Schweigen, von Straßenprotesten berichtet, ohne den Hintergrund genauer anzuschauen. Oder es wird schlichtweg verschwiegen, wessen Interessen die Opposition vertritt. Das sind nicht unbedingt die des einfachen Volkes, das unter Gewalt und Korruption leidet, sondern die der USA und der internationalen Wirtschaft, denen ein zum Sozialismus tendierender Staat ein Dorn im Auge ist. und natürlich gibt es hier auch die Katzenminze für die westliche Wirtschaft: Öl.

Allgemein ist das Mißtrauen gegenüber der Berichterstattung der “Mainstreammedien” in den letzten Jahren gewachsen – nicht immer, aber vielfach zurecht. Auf der Suche nach alternativen Informationsquellen tappen viele gern in die nächste Propagandafalle, seien es irgendwelche rechten Verschwörungstheoretiker/innen oder andere interessengeleitete Gruppen, die ihre Absichten allerdings verschweigen und so tun, als ob sie “die Wahrheit” verbreiteten. Angesichts der unübersichtlichen Lage in Syrien, der Ukraine oder jetzt Venezuela geben auch viele ganz auf, noch irgendetwas verstehen zu wollen.

Natürlich gibt es keinen objektiven Journalismus, das lernt jede/r Student/in der Medientheorie im ersten Semester. Jede/r Journalist/in, jede Medienquelle vertritt eine bestimmte Haltung. Aber es macht sehr viel aus, ob man diese klar offen legt, ob man sich auf faktenbasierten Informationen um so viel Objektivität wie möglich bemüht, oder ob man ganz gezielt Propaganda streut, Fakten in diesem Interesse verdreht oder gleich ganz darauf verzichtet und diese Absichten auch noch verschleiert. Das hat auch viel damit zu tun, wer wen wie finanziert. Man soll bekanntlich nicht an dem Ast sägen, auf dem man sitzt, bzw. nicht die Hand beißen, die einen füttert. So spielt es eine Rolle, wer in den jeweiligen Medien wirbt und welches Verhältnis sie zur bestimmten Parteien oder Machtgefügen in der Gesellschaft haben. Selbst journalistisch anspruchsvolle Medien beigen sich so mehrheitlich in ihrer Berichterstattung wirtschaftlichen oder staatlichen Interessen – ob nun der Spiegel Genmais aufs Billigste verharmlost oder die Zeit die Uranmunition oder die BBC die Gefahren der Atomkraft.

Democracy Now! – ein Kind der unabhängigen Radiobewegung

Am freiesten sind diejenigen, die unabhängig finanziert werden. Dieser Versuch wurde mit der Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verfolgt, wo jedoch eine parteipolitische Abhängigkeit weiter zu spüren war und der sich zumindest bei sicherheitsrelevanten Themen als nicht neutral und staatstragend herausstellt. In den USA gibt es das Konzept hörer/innenfinanzierter Sender (die allerdings auch in kleinerem Umfang staatliche Beihilfen erhalten), das Radionetzwerk NPR und das Fernsehnetzwerk PBS. Letzteres sorgte vor Kurzem jedoch auch für einen Skandal, als bekannt wurde, dass es in größerem Umfang Spenden von den konservativen, die Interessen der Großkonzerne stützenden konservativen Milliarärsbrüder Koch erhalten hatte und so zurecht in seiner Neutralitär angezweifelt wurde.

Democracy Now! Homepage

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Weniger bekannt ist, dass es in den USA auch eine starke freie Radioszene gibt – unterschiedlichster politischer Coleur, aber gerade seit den späten 90ern wieder verstärkt vom progressiven Underground getragen, der sich bewusst gegen die großen kommerziellen Sender wendet, die die Medienlandschaft der USA dominieren, aber auch gegen rechte Propaganda. Aus diesem Umfeld entwickelte sich auch Democracy Now!, gegründet von den kritischen Journalist/innen Amy Goodman, Juan González, Larry Bensky, Salim Muwakkil und Julie Drizin 19. Februar 1996 gingen die Journalist/innen um erstmalig auf Sendung, zunächst nur über das Radio. Ihre Sendungen werden bis heute vom nichtkommerziellen Pacifica Radio produziert und ausgestrahlt, das 1946 als progressives Radionetzwerk gegründet wurde und somit das älteste in den USA ist. Es hat eine dezidiert progressive, an sozialen Belangen und einer pazifistischen Haltung orientierte Ausrichtung.

Engagierte Musik statt Werbepausen

Democracy Now! etablierte sich schnell als tägliche einstündige politische Sendung mit dem Claim The War and Peace Report. Die Sendung wurde zunächst beim Sender Pacifia-Sender WBAI in New York produziert, nach einer Auseinandersetzung um inhaltliche Kontrolle übernahm 2001 WMFU, der älteste freie Radiosender der USA, das Programm für eine Weile. Zu diesem Zeitpunkt hatte Democracy Now! jedoch schon so viele Anhänger, dass es nach Hörerprotesten nicht nur wieder über WBAI ausgestrahlt wurde, sondern kurz darauf auch als Fernsehformat. Bis 2008 sendete Democracy Now! aus einer alten Feuerwache in Chinatown, und zog dann auf ein 800 m2 großes, umweltgerecht saniertes Studio im Chelsea District zu ziehen. Heute wird Democracy Now! weltweit von 1 200 Fernseh- und Radiostationen ausgestrahlt, terrestrisch, über Kabel und über Satellit. Auch auf einer sehr umfassend, modern übersichtlich gemachten Internetseite kann man sich die Sendung als Livesteam ansehen, als Podcast herunterladen und es gibt auch jeweils ein Transkript zur Sendung, das ebenfalls heruntergeladen werden kann. Seit 2005 gibt es auch eine spanischsprachige Version von Teilen der Sendung.

Die Sendung ist die derzeit verbreitetste und eine der besten Informationsquellen, die die so genannte “Mainstream”-Berichterstattung durchbrechen, andere Perspektiven zeigen und News, die in anderen Kanälen nicht behandelt werden. Dabei setzen sie nicht auf Infotainment oder schielen auf Quoten, sondern bringen die Informationen freundlich und sachlich an die Hörer/innen bzw. Zuschauer/innen. Statt Werbepausen gibt es in der Sendung jeweils zwei politische oder sozial engagierte Songs. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch private Spenden von Hörer/innen und Zuschauer/innen, für bestimmte Dinge wie Softwareentwicklung auch mit Stiftungsgeldern, und viele Beitragende verzichten auf Bezahlung.

Pacifica Radio network Logo

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Hartnäckig, unbequem, echt und gerecht

Als Gesicht der Sendung hat sich Mitgründerin Amy Goodman etabliert. Sie ist bis heute die Hauptmoderatorin dvon Democracy Now!, wenn auch Juan González und inzwischen auch Moderator/innen nachfolgender Generationen häufig als Co-Moderator/innen zu sehen sind, und ein Jahr nach der Gründung mit Jeremy Scahill ein weiterer renommierter investigativer Journalist zum Team stieß. Goodman hatte ihre ersten einschneidenden Erfahrungen als investigative Journalistin Anfang der 1990er gemacht, als sie während des Unabhängigkeitskampfes in Osttimor gemeinsam mit einem Kollegen schwer verprügelt wurde. Sie waren Zeugen von Massentötungen von Demonstrant/innen gewesen, und überlebten laut Goodman nur Dank ihres amerikanischen Passes.

In den späten 90ern veröffentlichte sie mit Scahill eine Dokumentation über das vorgehen des Ölriesen Chevron in Nigeria, wo ebenfalls Demonstranten und Aktivisten getötet wurden. Goodman verärgerte den damaligen Präsidenten Bill Clinton sehr, als sie ihm bei einem auf zwei Minuten angelegten Wahlkampfanruf nicht nach dem Mund redete und seine Parolen nicht einfach hinnahm, sondern ihn in einer Livesendung 28 Minuten am Telefon hielt und ihn zu unbequemen Themen befragte. Clinton soll sie danach als “aggressiv und feindseelig” bezeichnet haben.

Hier wird Journalismus gemacht, der den Namen verdient

Dabei handeln Goodman und ihre Mitstreiter/innen mehr nach dem, was die Aufgabe von Journalist/innen sein soll als die Mehrheit ihrer Kolleg/innen: Sie suchen nach den echten Stimmen zum Thema, lassen sie sich nicht von den mächtigen Lobbygruppen diktieren. Sie laden nicht einfach irgendwelche Expert/innen ein, die in den Medienkreisen herumgereicht werden, sondern geben sich Mühe, prominente oder auch weniger prominente Protagonist/innen und Expert/innen zu finden, die wirklich nah am Thema sind und so kompetent ihre Sicht darstellen können bzw. kritisch befragt werden. Sie stellen verschiedenen Ansichten auch als solche dar und behaupten nicht, “die Wahrheit” gepachtet zu haben.

In die Sendung werden regelmäßig Gäste eingeladen, die eine bestimmte Perspektive haben, die die des “Mainstreams”, gut begründet, plausibel und inhaltlich kompetent, in Frage stellt. Oft sind es Politiker/innen, Vertreter/innen einer bestimmten Gruppe oder andere Journalist/innen und Autor/innen, die aktuelle Bücher zum entsprechenden Thema veröffentlich haben. Sie geben umfassendere Hintergrundinformationen und werden kritisch befragt. Expert/innen und Protagonist/innen vor Ort werden zugeschaltet. Dabei wird den Zuschauer/innen Raum gelassen, sich eine eigene Meinung zu bilden – oft, wo möglich, werden verschiedene untersichtliche Sichtweisen präsentiert. So tappt die Sendung trotz der eigenen Haltung nie in die Propagandafalle und hält sich auch von spekulativen Verschwörungstheorien ohne Grundlage fern.

Diese Sachlichkeit, Offenheit, der Gerechtigkeitssinn und die Tatsache, dass sie sich wirklich an den zentralen relevanten Themen aufhält und auf Boulevard ebenso wie oberflächliche 1:30-Formate verzichtet, macht die Sendung bei einem breiten Publikum als Informationsquelle beliebt, dass sich keineswegs notwendigerweise als “links” sieht. Sie überzeugt neben der demonstrierten Unabhängigkeit die Ernsthaftigkeit, wie hier mit den zentralen Themen aus der US- und Weltpolitik umgegangen wird. Außergewöhnlich ist auch, dass die Sendung durch eine fast altmodisch erscheinende Präsentation ohne jeden Schnickschnack auf Augenhöhe mit den Zuschauer/innen bzw. Hörer/innen agierten – und das ohne irgendwelche Call Ins oder Mitmachaktionen. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die sonst oft keine Stimme haben, bekommen bei Democracy Now! eine Stimme – der klassische Ethos der freien Radios. So finden sich hier auch die “kleinen Leute” wieder.

Empfang im deutschsprachigen Raum

Die unter Creative Commons lizenzierte Sendung kann auf der Website von Democracy Now! kostenlos als Webcast gesehen, als Audiostream gehört oder im Audioformat heruntergeladen werden, auch als Bittorrent. Dazu gibt es meistens auch kurz nach der Sendung ein Transkript. Außerdem ist hier ein Archiv der Beiträge zu finden. Die freien Radios Radio Dreyeckland, Freies Radio Wiesental und Radio Unerhört Marburg übertragen die Radiosendung auch terrestrisch, und in Wien wird das Magazin auf dem partizipativen Privatsender Okto ausgestrahlt. Europaweit kann die Sendung via Satellit gesehen werden. Eine Übersicht über die Emfangsmöglichkeiten weltweit gibt es hier.

Website von Democracy Now!

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Tiny Houses – Wohnform der Zukunft? http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/01/19/tiny-houses-wohnform-der-zukunft/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/01/19/tiny-houses-wohnform-der-zukunft/#comments Sun, 19 Jan 2014 16:26:36 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=5569 In der US-amerikanischen Kultur hat das bescheidene Wohnen Tradition: Die Siedler wohnten spartanische, ebenso wie es die wenig begüterten Immigranten und die Ärmsten des Landes bis heute tun – aus der Not heraus. Immer wieder gab auch Aussteiger, die sich freiwillig in die Natur und in einfache Wohnverhältnisse zurückzogen, um zu sich zu finden. Die aktuelle Tiny House-Bewegung hat etwas von beidem: Sie wird durch die ökonomische Krise und die in die Höhe schießenden Hauspreise forciert, aber ihre Anhänger sehen auch etwas Spirituelles im Wohnen auf engstem Raum. Und das will etwas heißen, denn die durchschnittliche Quadratmeterzahl, auf der im Land der unbegrenzten Möglichkeiten residiert wird, ist durchschnittlich doppelt so groß wie in Europa.

In den letzten zehn Jahren fand die Idee der “kleinen Häuser” immer mehr Beachtung. Klein meint meistens auch für Europäische Normalverhältnisse klein – unter 40 Quadratmeter für Singles – sei es als Stadtwohnung, auf dem Land oder zu Wasser auf einem Boot. Oft sind es sogar weniger als 20 Quadratmeter, ein kleiner Raum, auf den ein paar Aufbewahrungsmöglichkeiten, ein Schreibtisch, eine Kochnische, eine Toilette und Dusche und ein Hochbett gequetscht sind, so effizient wie möglich angeordnet.

Zunächst waren es zumeist alleinstehende junge Menschen aus der Mittelklasse, die sich aus den gegebenen Umständen – fast unbezahlbare Mieten in den Großstädten, steigende Preise auch auf dem umliegenden Land, gepaart mit wenig einträglichen selbständigen Jobs -, und einer allgemeinen Sinnkrise aufgrund von Umweltverschmutzung und Konsumwahn eine Philosphie zusammenbastelten. Ein tiny house bedeutete für sie, ihr eigenes Reich zu haben, zu vergleichsweise geringen Kosten gebaut und mit geringen Betriebskosten. Aus das selber Gestalten, sich etwas nach eigenen Ideen mit eigenen Händen für sich hergerichtet ist vielen ein zentrales Anliegen. Wichtig war auch die Mobilität, denn viele der kleinen Häuser stehen auf Rädern oder sind zumindest transportierbar. Sie waren quasi Trailer für die Mittelklasse, die nicht in den öffentlichen, von sozialen Problemen geplagten und verrufenen Parkplätzen für die Allerärmsten herumstanden, sondern gern auch mal bei den Eltern oder begüterten Freund/innen oder Verwandten auf dem Grundstück.

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Ein kleines Haus ist besser als gar keins

Nach der Housing Crisis, wo auch viele Menschen aus der Mittelklasse ihre Häuser verloren, begannen auch viele, die sich vorher weniger für alternative Lebensformen interessiert haben, zu sagen: Ein kleines Haus ist besser als gar keins. Für die Befreiung von dem Druck, sich konstant sorgen um Bankraten, Strom- und Heizkostenrechnung machen zu müssen verzichten sie auch gern auf ein paar Quadratmeter.

Der Wunsch nach einem kleinen Haus stößt dabei auf Tücken in Form von Bauvorschriften, die in den USA sehr streng sind, Bankkrediten und Baufirmen, die so kleine Vorhaben nicht interessieren. So gibt es genaue Vorschrifen, wie groß das Haus sein darf, wenn es auf einem Grundstück steht, wenn es Räder hat und ob es welche haben muss, um der Regel zu entsprechen. Banken geben nur Kredite für Häuser ab einer bestimmten Größe und entsprechenden Kosten. Die Kleine-Häuser-Enthusiasten haben ihre Wege gefunden, sich mit diesen Vorschriften zu arrangieren oder leben damit, dass sie jederzeit Ärger bekommen können. Auf der positiven Seite steht, dass sie mit ihren Hütten auch nicht allzu sehr für voll genommen werden.

Tiny Houses als Lebensphilosophie

Sie tauschen sich im Internet, über Bücher und Treffen aus, einige leben davon, dass sie entsprechende Pläne oder auch fertig gebaute Häuser verkaufen. Dabei sind die Ansätze unterschiedlich: Manchen ist es vor allem wichtig, dass ihr kleines Domizil billig ist, andere, vor allem in den Großstädten, denken sich ausgefallene Konstruktionen aus, um den wenigen Platz effektiv zu nutzen und setzen dies oft mit Hilfe von Architekten um, oder kaufen entsprechende Möbel aus einer neu boomenden Designbranche, die den Zweck erfüllen. Wieder andere legen Wert darauf, dass ihr Haus, und ihr gesamter Lebensstil, auch umweltfreundlich ist – in Bezug auf die Materialien, aber auch die Energieversorgung. Mit Solarzellen, Solarwärmegeräten und Windrädern machen sie sich so unabhängig von der öffentlichen Versorgung wie möglich – aus ideellen, aber auch aus Kostengründen. Und ein wenig Survivalism steckt auch darin, die Vorstellung, dass bald alles den Bach heruntergeht und man so seinen kleinen schützenden Panzer ganz nah bei sich hat, wenn die Gesellschaft zusammenbricht.

Ganz einfach fiel es den meisten nicht, sich von normaler Wohngröße auf die Hobbit-Häuser umzustellen. Wie die Protagonist/innen im untenstehenden Film der US-amerikanischen Filmemacherin Kirsten Dirksen berichten, haben einige von ihnen zuvor in Ländern wie Japan oder Kenia gelebt, wo sie andere Perspektiven auf die Vorstellungen von Platz bekommen haben, oder waren nur mit dem nötigsten Gepäck unterwegs und haben gelernt, dass das, was man wirklich zum Leben braucht sogar in einen Rucksack geht. Danach sind 10 Quadratmeter schon Luxus.

Für Viele ist ein wichtiger Punkt das Selbermachen und - gestalten. Im Idealfall kann man damit sogar Geld verdienen, indem man für Andere baut und seine Erfahrungen vermittelt.

Für Viele ist ein wichtiger Punkt das Selbermachen und – gestalten. Im Idealfall kann man damit sogar Geld verdienen, indem man für Andere baut und seine Erfahrungen vermittelt.

Die meisten Tiny-House-Bewohner sind vielleicht ein bisschen hippiesk, aber durchaus bürgerlich und haben teilweise sogar gut bezahlte Jobs. Manche schaffen es sogar, im Umfeld der Tiny-House- und der neuen, bewussteren Lebenskultur eine Nische zu finden, in der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Einigen neuen Mitgliedern der Bewegung, die unfreiwillig dazu gekommen sind, soll ihr kleines Häuschen aber den Weg in die Bürgerlichkeit erst ebnen: Occupy Madison hat gerade eine Reihe Tiny Houses für Obdachlose gebaut, die dort auf Parkplätzen in der Stadt ein neues festes Dach über dem Kopf bekommen sollen. Auch in Deutschland gibt es anscheinend schon eine kleine Tiny-House-Bewegung – jedenfalls ist hier schon mal eine recht ordentlich gemachte Seite mit vielen Infos, die sich aber offenbar eher an ein etwas zahlungskräfigeres Segment der Slow-Living-Bewegung richtet.

Tiny House Blog
Small House Society
Website von Jay Shafer
Tiny Houses.de
Tinylife.com
Small House Movement (Wikipedia en)

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Was ist Mode-Upcyling, Slow Fashion und Ethical Fashion? http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/01/16/was-ist-mode-upcyling-slow-fashion-und-ethical-fashion/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/01/16/was-ist-mode-upcyling-slow-fashion-und-ethical-fashion/#comments Thu, 16 Jan 2014 00:26:03 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=5345 Aktuell stellen sich im Rahmen der (Eco-)Fashion Week in Berlin Mode-Upcyler wie der Berliner Upcycling Fashion Store und “ethische” Hersteller wie der französisch-brasilianische Sportschuhproduzent Veja auf der Berliner Fashion Week vor. Plan A(lternative) schaut, was hinter diesem Trend steckt.

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Nach dem Krieg legte meine Großmutter sehr viel Wert darauf, dass ihre Familie trotz der Notzeit gut angezogen war. So sammelte sie jeden Stofffetzen, aus ausgedienter Kleidung wurden Reißverschlüsse herausgetrennt und die Knöpfe und Haken wurden aufgehoben. Alle noch irgendwie brauchbaren Teile wurden wiederverwertet, aus alten wurden neue Kleider, andere wurden so ausgebessert, dass sie trotzdem nach etwas aussahen. Alte Wollsachen wurden aufgezogen und das Garn wiederverwertet.

Diese notgedrungene Kreativität, die Millionen von Frauen praktizierten, verlor sich mehr und mehr, als der Wohlstand einzog und man sich schicke Klamotten von der Stange kaufen konnte. Die aktuelle Mode gab es im Kaufhaus. Ihren Gipfel erreicht dieser Modekonsum in Billigketten von kik bis Primark, die ihre Kleidung – wie teurere Modeketten auch -, unter zumeist katastrophalen Arbeitsbedingungen in Asien fertigen lassen, unter Zusatz von so bedenklichen Chemikalien, dass die Arbeiter/innen im Hamburger Hafen, die die Container öffnen, Atemschutzmasken tragen. Das stört die Konsument/innen, die offenbar nur die kleinen Preise sehen, allerdings wenig. Das schlägt sich in den Umsatzzahlen der Firmen nieder: Sie sind klar auf Erfolgskurs.

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In den letzten Jahren gibt es aber im Rahmen einer weiteren Bewegung eine Gegenströmung: Großmutters “Aufbessern” ist wieder angesagt, unter dem neuen Namen Upcyling. Dieser Begriff steht allgemein für ein Aufwerten von Materialien und Produkten, die in ihrem ersten Leben ausgedient haben und ansonsten im Müll landen würden.

Für den neuen Trend gibt es verschiedene Ursachen, die in einem größeren gesellschaftlichen Kontext stehen. Im Mittelpunkt steht ein neues soziales und Umweltbewusstsein und Konsumkritik. Während es in den 1950ern und 1960ern eine Erlösung war, dass man Dinge, die man brauchte, und eben auch schicke Mode, wieder unkompliziert im Laden kaufen konnte, stellt man heute eben diesen allgegenwärtigen Konsum in Frage. Muss man wirklich ständig neue Klamotten kaufen, und die alten, die noch völlig in Ordnung sind, einfach wegwerfen, nur weil eine neue Farbe der Saison ausgerufen wurde? Wieso sind die Klamotten so billig? Wo kommen sie her und wie werden sie produziert, wo werden sie wie entsorgt? Medienberichte über wachsende Müllberge, Chemie in Klamotten und erschreckende Bedingungen in der Produktion lassen Konsumenten nachdenken, ebenso wie die Sinnfrage, ob endloser Konsum wirklich glücklich macht.

Qualität statt Quantität, Individualität statt Konfektion

Viele der neuen Protagnist/innen stellen ihr soziales Engagement und ihr Umweltbewußtsein in den Mittelpunkt und suchen Alternativen in einer Welt, die sich gerade selbst zerstört. Sie stellen sich gegen Ressourcenverschwendung, Ausbeutung und Umweltverschmutzung. So entsteht auch ein Wunsch nach mehr Qualität, handwerklich solide vor Ort und kontrolliert hergestellt, statt Bergen an Billigkrempel, der unter zweifelhaften Bedingungen produziert wurde, mit Schadstoffen belastet ist und zudem noch um die halbe Welt geschifft wurde. Außerdem gibt es einen neuen Wunsch nach Individualität jenseits der Massenware.

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Hier greift die eine oder der andere selbst zu Nadel und Faden oder zum Strickzeug. Es entsteht eine neue Lust am kreativen DIY. Es entwickelt sich aber aber auch ein wachsender Nischenmarkt, in dem Menschen neben- oder hauptberuflich Upcycling anbieten. Hier können Andere für das bezahlen, wofür ihnen selber die Zeit, das Interesse oder die Fähigkeiten fehlen. War es bisher die Änderungsschneiderei oder ganz früher die Schneiderei um die Ecke, wird heute Upcycling für die eigenen Klamotten, aber auch aufgepeppte Second-Hand-Kleidung professionell angeboten.

Es werden auch neue handgemachte, individuell oder in kleinen Serien hergestellte Produkte angeboten, die oft gebrauchte und neue qualitativ hochwertige Materialien vermischt. Auch Stoffreste aus Bekleidungsindustrie, die sonst weggeworfen würden, werden aufgekauft und verwertet. Die neuen Marken, die so entstehen, achten auch auf den Energie- und Wasserverbrauch sowie die CO2-Bilanz im Produktionsprozess oder beim Wareneinkauf. Der Strom soll zudem aus erneuerbaren Energiequellen stammen.

Weniger ist mehr

Natürlich sind gerade die individuell oder in geringer Stückzahl gefertigten die “upgecycleten” Produkte zumeist teurer als die gleichen Produkte aus den Kaufhäusern – schließlich handelt es sich um handwerkliche Anfertigungen. Zudem sind sie oft Made in Germany. Auch wenn die selbständigen Hersteller/innen hierzulande oft in prekären finanziellen Verhältnissen leben, solange sie in Heimarbeit prodzieren, brauchen sie schlichtweg mehr zum Überleben als die asiatischen Fabrikarbeiter/innen der großen Ketten, haben aber auch einen anderen Lebensstandard.

Hier kommen zwei weitere Aspekte ins Spiel. Einmal die Slow Fashion, die die ständig wechselnden Modetrends zugunsten einer neuen Qualitäts-, und Produktionsethik verwirft. Sie setzt darauf, dass auch Durchschnittskonsument/innen sich nachhaltige, individuell und fair hergestellte Mode leisten können, wenn sie eben nicht zehn Billigteile kaufen, sondern ein gutes, dass dann entsprechend besser aussieht, keine gesundheitsschädlichen Stoffe enthält und vor allem länger als eine Saison hält.

Die finnische Designerin Reet Aus will mit ihrer neuen in Bangladesh hergestellten Linie zeigen, dass man auch in der Massenproduktion enorm viel Energieverbrauch und CO2-Ausstoß vermeiden kann, wenn man will.

Die finnische Designerin Reet Aus will mit ihrer neuen in Bangladesh hergestellten Linie zeigen, dass man auch in der Massenproduktion enorm viel Energie- und Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß vermeiden kann, wenn man will.

Im Umfeld des Mode-Upcycling und der neuen lokalen handwerklichen Herstellung haben sich auch neue Vorstellungen von Ethik entwickelt – sowohl in Bezug auf Bewahrung der Umwelt als auch die Arbeitsbedingungen derjenigen, die die Produkte fertigen. So gibt es immer mehr Hersteller, bei denen nicht allein die Gewinnmargen zählen, sondern die gezielt auf eine umweltfreundliche Material-, Herstellungs- und Transportkette achtet, ebenso auf faire Bezahlung und Behandlung der Angestellten und Arbeiter/innen. Sie werben mit dieser Ethik und setzen so auch die großen Hersteller unter Druck, solange sie ihre Produkte in einem vergleichbaren Preissegment anbieten können.

Das ist nicht immer leicht. Zu den Abstrichen, die gemacht werden müssen, gehört, dass die Produkte in den ärmeren Ländern und nicht lokal hergestellt werden. So sucht man nach möglichst CO2-armem Transportwegen, z.B. mit Frachtschiffen und Bahn statt mit Flugzeug und LKW. Nicht immer, aber manchmal müssen auch Einbußen in Qualität und Materialeigenschaften hingenommen werden, weil man auf bestimmte Chemikalien verzichtet, z.B. bei Outdoorkleidung.

Aber eine neue Generation an Designern ist angetreten, faire und nachhaltige Mode herzustellen und so die Modeindustrie von innen zu ändern. So entstehen nicht nur diverse neue Ideen und Perspektiven, sondern auch die großen Hersteller geraten unter Druck, sich an neuen Standards zu orientieren. So kann man hoffen, dass sich neue ökologische Materialien finden, wo die aktuellen nicht gut genug sind, alte und neue Methoden zusammenfinden, sich neue Recycling- und Vertriebs-Infrasrukturen herausbilden, und sich menschenwürdige Standards für die Produktionsarbeiter/innen durchsetzen und schädliche Chemikalien mehr und mehr verschwinden. Und auch Großmutters DIY kann im eigenen Haushalt mit Phantasie eingesetzt werden – man muss nur ein wenig die Perspektive wechseln. Nicht einfach weg in den Altkleidersack und schnell ins Kaufhaus um Neues zu shoppen, sondern: Was könnte ich aus den alten Klamotten noch Schönes machen?

Eco Fashion Week 14.-19. Januar 2014

Trash to Trend – Global platform for upcycling designers
Upcycling Fashion Store Berlin
Booklet zu Eco Fashion in Berlin (2010)

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Chemie in Klamotten: Neue Greenpeace-Kampagne gegen PFC in Outdoor-Kleidung http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/12/chemie-in-klamotten-neue-greenpeace-kampagne-gegen-pfc-in-outdoor-kleidung/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/12/chemie-in-klamotten-neue-greenpeace-kampagne-gegen-pfc-in-outdoor-kleidung/#comments Thu, 12 Dec 2013 23:52:25 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4388 Moderne Outdoorkleidung ist praktisch: Sie hält war, weist Wind und Regen ab, sind atmungsaktiv und ist im Idealfall auch bequem, leicht und unempfindlich. Aber wie eine aktuelle Untersuchung von Greenpeace jetzt noch einmal unterstrich, haben diese angenehmen Eigenschaften einen Preis: Die eigentlich für Naturfreund/innen gedachten Klamotten stecken voller umwelt- und gesundheitsschädlicher Chemie.

Outdoorjacke / Foto: Graf Foto, ikipedia

Outdoorjacke / Foto: Graf Foto, Wikipedia

Das beanstandete Problem sind konkret perfluorierte Tenside (PFC), die vor allem bei der Herstelllung wasser-, aber auch öl- und schmutzabweisenden Textilien verwandt werden: Sie lassen die Freuchtigkeit, aber eben auch Verschmutzungen an der so behandelten Oberfläche von Jacken, Zelten oder Rucksäcken abperlen. Einge der verwandten polyfluorierten Verbindungen sind leicht flüchtig und machen sich durch Ausgasungen bemerkbar, die vor allem die Hersteller/innen abkriegen, was aber kaum kontrolliert wird. Andere PFC werden bei der Produktion oder beim Waschen in die Umwelt abgegeben und sind heute heute nicht nur in Flüssen, Seen und Trinkwasser in der besiedelten Welt, sondern selbst in der Arktis zu finden. Die nicht natürlich vorkommenden Stoffe sind für Lebewesen toxisch, reichern sich im Körper an und werden nur sehr langsam wieder abgebaut. Besonders die Langkettigen unter ihnen stehen im starken Verdacht, krebserregend zu sein und den Hormonhaushalt, das Immunsystem sowie das Erbgut zu schädigen. Greenpeace fand hohe, teilweise den gesetzlichen Grenzwert überschreitende Konzentrationen davon in den untersuchten Produkten.

Potentielle Gefährlichkeit seit den 1960er Jahren bekannt

Die potentielle Gefährlichkeit ist seit den 1960er Jahren bekannt, und die Anlagerungen in Körper und Umwelt können inzwischen genau nachgewiesen werden. Greenpeace weist nicht zum ersten mal im Rahmen ihrer Detox-Kampagne, die seit 2011 die Hersteller von Kleidung dazu bewegen soll, umweltschädigende Stoffe aus ihren Produkten wegzulassen, aus das Problem hin. Bereits im vergangenen Jahr hatte man 14 Regenjacken untersucht und war zu einem vergleichbaren Befund gekommen. Daraufhin hatten sich einige Hersteller auch zu einer reduzierung der Giftstoffe bekannt – allerdings offenbar mit unbefriedigendem Ergebnis. Schöffel, Patagonia und Marmot, die bereits eine verminderte Verwendung der Chemikalien ankündigten, gehören zu den beanstandeten Marken, ebenso wie North Face, Salewa, Adidas und VAUDE. Dabei hatten sich bereits vor zwei Jahren 17 große Textilmarken wie H&M, Levis oder Mango verpflichtet, spätestens ab 2020 auf diese Chemikalien zu verzichten. Das ist allerdings leichter möglich, wenn nicht Regen- und Windfestigkeit des Produkts im Mittelpunkt steht.

Wie die Hersteller ihren Produkten die Wind- und Regenfestigkeit verleihen, müssen sie nicht angeben.

Wie die Hersteller ihren Produkten die Wind- und Regenfestigkeit verleihen, müssen sie nicht angeben.

Die Hersteller klagen, es gäbe keine Materialien, die keine PFC enthielten und vergleichbare Eigenschaften hätten. So sagte ein Sprecher von Schöffel, dass mit dem Umstieg auf leichter abbaubarem PFC C6 (Kettenverbindung mit sechs Kohlenstoffmolekülen) von den jetzigen C8 die Haltbarkeit sinkt – mit der neuen, vergleichsweise umweltfreundlicheren Kollektion, die für 2014 angekündigt wurde, können die Sachen nur noch ca. 15 Mal gewaschen werden, bis sie ihre wasserabweisenden Eigenschaften verlören, ansatt vorher ca. 20 Mal. Und wie viel weniger schädlich sie sind als ihre langkettigeren “Artgenossen” ist auch noch nicht nachgewiesen.

Altenativen suchen – und finden

Jedoch gibt es inzwischen Produzenten, die zumindest annähernd vergleichbare Qualitäten ganz ohne PFC anbieten können, wie z.B. der neue Plastikstoff “Arnitel” von Royal DSM aus den Niederlanden, oder auch das schon länger verwandte Sympathex, ursprünglich von der Enka-Glanzstoff-AG in Wuppertal entwickelt. Die Schweizer Firma Stolz hat mit dem Produkt EtaProof sogar ein Baumwollgewebe entwickelt, das vorrangig durch ein dichtes Verweben regen- und winddicht ist. Auch Vaude hat mit Ceplex eigenes umweltfreundlicheres Material entwickelt. Als Membran benutzt man bei der Firma Sypathex. Ist der Anspruch jedoch dauerhafte Wasserdichte (DWR), gäbe es bisher keine PFC-freie Technik, so die Firma.

Es gibt auch andere Hersteller, die schon länger Outdoorkleidung anbieten, bei der möglichst auf alle umwelt- und gesundheitsschädigenden Stoffe verzichtet wird, zu denen neben den PFC auch Weichmacher und antibakterielle Behandlungen mit Silberderivaten etc. zählen. So setzt u.a. die U.S.-Firma Gramicci schon seit mehreren Jahren auf verstärkte Umweltfreundlichkeit. Sie verwendet inzwischen 70% Naturstoffe wie Hanf bzw. Mischungen aus diesen und recycleten Materialien. Allerdings stellen sie keine explizit regen- und windresistente Kleidung aus ihrem Material her, sondern eher das Darunter. Andere Firmen wie Öko-Tex haben sich zumindest einen verantwortungsvollen Umgang mit den Chemikalien auf die Fahnen geschrieben, kommen offenbar aber noch nicht ohne sie aus. Traditionell wird naturbelassene Wolle / Filz mit Wollfett (Lanolin) behandelt, um sie wasserdicht zu machen. Zudem war das Verweben verschiedener Blätter bzw. Stroh oder Flachs weltweit eine jahrtausendealte Traditionelle Methode, sich mit so hergestellten Capes vor Regen zu schützen. Das kann auch als Anregung genommen werden, umweltfreundliche Regenkleidung zu produzieren.

Drastische, aber ehrliche Bilder der Greenpeace-Detox-Kampagne // Grafik: Greenpeace

Drastische, aber ehrliche Bilder der Greenpeace-Detox-Kampagne // Grafik: Greenpeace

Einige der häufig verwandten, als besonders gefährlich geltende PFC sind inzwischen ins Visier der Europäische Chemikalienagentur (Echa) geraten und unterliegen besonderen Auflagen – die Verwendung von PFOS ist inzwischen eingeschränkt, über PFOA müssen Käufer informiert werden. Auch wollen Kaufhausketten wie H&M PFC-behandelte Waren aus ihren Regalen verbannen. Das Umweltbundesamt plant, ein völliges Verbot in der EU zu beantragen – laut taz könnte es bereits 2015 so weit sein. Auf der zum Amt gehörigen Website Reach-Info kann man Anträge herunterladen, mit denen sie die Hersteller befragen können. Laut taz arbeiten UBA und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zudem parallel an einer App, mit der Kunden die Giftigkeit direkt im Laden ermitteln können. Eine generelle Kennzeichnungspflicht für PFC gibt es bisher nicht.

Wer wirklich an seine eigene Gesundheit und die Umwelt denken will, nimmt für alles, was nicht regen- und winddicht sein muss sowieso Öko-Textilien aus Naturfasern. Und regen- und windresistente Kleidung, selbst wenn sie aus einem nicht PFC-belasteten Plastikstoff besteht, muss man nicht jedes Jahr neu kaufen, weil sich irgendeine Mode geändert hat. Zum erneuten Imprägnieren gibt es auch umweltfreundliche Produkte wie Nikwax. Selbst bei Kindern, die aus den Sachen herauswachsen, kann man auf Second Hand zurückgreifen. Und eigene abgelegte Kleidung, solange noch intakt, sollte man ebenfalls für die Second-Hand-Verwertung weitergeben. Sympathex kann wie eine PET-Flasche recyclet werden – muss dazu natürlich entsprechend entsorgt werden. Gore-Tex hält zwar lange, ist dann aber Sondermüll. Hier müssten – in allen Fällen – die Hersteller zur Rücknahme verpflichtet werden, wie es allgemein beim Recycling gefordert wird. Dann würden sich wahrscheinlich auch überraschend schnell umweltfreundlichere Techniken der Oberflächenbehandlung finden.

  • Aktueller Greenpeace Report zu PFC in Outdoor-Kleidung
  • Mitmachen bei der Greenpace-Kampgne gegen PFC: PFC – raus aus der Outdoor-Kleidung!
  • Schöne Zusammenfassung der Hersellerreaktionen auf die Kampagne von 2012 von Gut gerüstet – Der Blog für Outdoor-Ausrüstung
  • Update von Greenpeace zur Kampagne
  • (Update)

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    http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/12/chemie-in-klamotten-neue-greenpeace-kampagne-gegen-pfc-in-outdoor-kleidung/feed/ 0
    Elektroautos kommen – auch für den öffentlichen Nahverkehr? http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/elektroautos-kommen-auch-fur-den-offentlichen-nahverkehr/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/elektroautos-kommen-auch-fur-den-offentlichen-nahverkehr/#comments Tue, 10 Dec 2013 13:16:11 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4243 Mit utrakompakten Elektroautos, Carsharing und App-Ortung ließe sich eine neue Form des öffentlichen Nahverkehrs, ähnlich den öffentlichen Fahrradstationen, gestalten

    Elektroautos kommen

    Mit seiner viel verspotteten Werbung für den neuen BMW i3 hat der Ex-Außenminister und BMW-Berater Joschka Fischer zumindest eins geschafft: Das Elektroauto an sich wieder ins Gespräch zu bringen.

    Gerade kürzlich hat der Branchendienst für Elektromobilität, electrive.net, die Ergebnisse einer Umfrage zur privaten Ladeinfrastruktur veröffentlicht. Immerhin sind bis 2020 950.000 Ladepunkte für Elektro-Fahrzeuge in Deutschland geplant – davon fast 800.000 im privaten oder gewerblichen Umfeld.

    Schnittiger Schlitten: Das Tesla Model S wird von der FAZ als bisher einziges brauchbares Elektroauto gepriesen // Foto: Tesla Motors

    Schnittiger Schlitten: Das Tesla Model S wird von der FAZ als bisher einziges brauchbares Elektroauto gepriesen // Foto: Tesla Motors

    Funktioniert die Infrastruktur, würde nicht nur dem BMW i3, sondern auch anderen Elektroautos einen Absatzmarkt garantiert. Und diese kommen: Gerade kriegt der Rezensent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Schnappatmung, wenn er vom aus seiner Sicht bislang “einzigen alltagstauglichen E-Auto” berichtet. Das kommt aus den USA und heißt Tesla Model S. Es fährt zwar nicht mit Wunderkräften, wie der Name suggeriert, kann aber durch eine hohe Anzahl an Akkus, die auf 4,97 Meter Wagenlänge unterflur verbaut und 800 Kilo schwer sind. eine viermal so große Reichweite wie der BMW aufweisen – theoretisch 500 Kilometer, bei Idealbedingungen (Fahrtempo 88 km/h im Schnitt, keine Steigung), etwa die Hälfte in der Praxis.

    Der Verkehr der Zukunft muss anders aussehen

    Der Haken: Mit knapp 50 000 Euro kostet er fast das Doppelte wie sagen wir die einfachste Ausführung der Mercedes A-Klasse im Grundpreis. Damit ist er für Normalbürger eher weniger erschwinglich. Aber das Hauptproblem: Der Verkehr der Zukunft sollte nicht aus dicken Schlitten und Individualverkehr bestehen, wie es der Autolobby lieb wäre. Seit Jahrzehnten wird von Verkehrsexpert/innen, die nicht in kurzfristigem Profitinteresse, sondern nachhaltig denken, der Ausbau eines vernünftigen Nahverkehrssystems (inklusive Radinfrastruktur) eingefordert. Das sollte die Zukunft des Transport sein. Das würde nicht nur die Umwelt entlasten und die Anzahl und Schwere der Unfälle verringern, sondern auch die Verkehrsdichte in den Ballungsgebieten erheblich reduzieren. Dies zeigt z.B. untenstehendes GIF sehr deutlich, die kürzlich durch die Social Media geisterte (via Peter from Texas).

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    Einen Weg dahin, oder zumindest eine akzeptable Kompromisslösung, könnten die Winz-Elektroautos sein, die gerade in Japan vorgestellt werden, so genannte “Ultracompacts”. Wie die Japan Times berichtet, werden in einigen Städten wie Yokohama, wo man mit Nissan zusammenarbeitet, diese Autos an die Menschen herangeführt, indem man sie öffentlich testen kann.

    Öffentlicher Nahverkehr mit kleinen, fahrerlosen Elektro-Ultracompacts?

    In Zusammenhang mit einem Carsharing System und Ortung über Apps könnte so ein sinnvolles und bequemes öffentliches Verkehrsnetz der Zukunft geschaffen werden. Schon heute sind kleinere Elektrofahrzeuge als Shuttles oder Ausflugstaxis im Einsatz, wie z.B. die Wagen der Global Electric Motorcars (GEM) in den USA. Hier könnten die Vorzüge des Indiviadualverkehrs – direkt vor die Haustür zu gelangen, allein im Fahrzeug zu sein, etwas transportieren zu können – mit Umweltfreundlichkeit und Entlastung der Infrastruktur verbunden werden. Denkbar wäre auch eine Ausstattung mit Solarzellen, die ebenfalls in letzter Zeit eine rasante Entwicklung gemacht haben in pucto Effizienz und Flexibilität.

    Ein Ultracompact Elektrowagen von Nissan - eher putzig als schick, dafür besser für Umwelt und Infrastruktur // Foto: Nissan Motors

    Ein Ultracompact Elektrowagen von Nissan – eher putzig als schick, dafür besser für Umwelt und Infrastruktur // Foto: Nissan Motors

    Carsharing wird gerade in Deutschland nach langen Jahren verstärkt angenommen, wie die Süddeutsche berichtet. Aus den USA kommen neue Untersuchungen, die den Rückgang des Individualverkehrs bestätigen – u.a., weil man mit Apps öffentliche Nahverkehrsmittel, aber auch die Standorte für Car- bzw. die Routen und Ride-Sharing unkompliziert abrufen kann. Da auch die Entwicklung des fahrerlosen Autos große Fortschritte macht, kann man sich eine nicht allzu weit entfernte Zukunft vorstellen, in der es möglich ist, sich ein ultrakompaktes Elektroauto einfach vor die Tür zu bestellen, das einen von A nach B bringt. Und das gleich in der benötihten Größe: Ein-, Zwei- oder Mehrsitzer, oder auch etwas für einen größeren Transport. Ob das dann ein kommunales System ist oder ein kommerzielles, ist eine politische Entscheidung.

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    http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/elektroautos-kommen-auch-fur-den-offentlichen-nahverkehr/feed/ 0
    Geplante Obsoleszenz – und was man dagegen tun kann http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/geplante-obseleszenz-und-was-man-dagegen-tun-kann/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/geplante-obseleszenz-und-was-man-dagegen-tun-kann/#comments Tue, 10 Dec 2013 00:00:05 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4139 Wie kam die geplante Obsoleszenz in unsere Produkte?

    Geplante Obsoleszenz ist ein Phänomen, das in der kapitalistischen Produktion Anfang des 20. Jahrhunderts entstand: Durch die Fließbandproduktion und die schnelleren, effektiveren Möglichkeiten, Produkte auch weiter zu transportieren und so neue Märkte zu erschließen konnte man sehr viel höhere Stückzahlen eines Produkts günstiger herstellen und hatte eine größere potentielle Kundschaft. Da befiel die erfolgreicheren Hersteller die Sorgen, dass sie so viel Waren verkaufen konnten, dass der Markt gesättigt wird und der Absatz langfristig zurückgeht. So schien es ihnen nicht mehr sinnvoll, dass ihre Produkte auch möglichst lange hielten und die Kunden nicht nachkauften. So entwickelte man immer effektivere eingeplante Verschleißstellen, die das Produkt nach einem bestimmten Zeitraum unbrauchbar machten – die Lebensdauer von Glühfäden in Birnen wurde reduziert, reißfeste Nylonstrümpfe wurden soweit wieder anfällig gemacht, dass sich Laufmaschen bildeten und auch in modernen Elektrogeräten befinden sich Teile, die gezielt so gebaut werden, dass das Produkt nach einem bestimmten Zeitraum den Geist aufgibt und auch nur schwer repariert werden kann.

    Zerbrochenes Plastikrad von einem Schreibtischstuhl - das kann man meistens recht unkompliziert ersetzen. Ist am Hydraulikfuß etwas kaputt, ist eine Reparatur schon schwierig.

    Zerbrochenes Plastikrad an einem Schreibtischstuhl – das kann man meistens recht unkompliziert ersetzen. Ist am Hydraulikfuß etwas kaputt, ist eine Reparatur schon schwierig.

    Die Autoindustrie kam auf eine andere Masche, die sich ebenfalls heute bei Elektronikgeräten wiederfindet: Man entwickelte jährlich neue, schicke Designs, hinter denen oft minimale technische Veränderungen standen. Es ging allein um den Absatz, die potentiellen Kund/innen sollten dazu bewegt werden, sich ein neues Produkt zu kaufen, obwohl das alte für ihre Zwecke noch völlig ausreichen würde. Teilweise wurden sogar technisch bessere Produkte so vom Markt gekickt. Bis in die 50er Jahre hinein wehrten sich Ingenieur/innen dagegen, ihre Konstruktionen mit geplanten Verschleißteilen auszustatten, anstatt sie so solide wie möglich zu gestalten. Dann hatte der neue kapitalistische Geist auch in den Köpfen der Konstrukteur/innen Einzug gehalten.

    Trotz Protesten der Verbraucher ist die geplante Obsoleszenz bis heute Verkaufsmodell

    Allerdings begannen die Verbraucher/innen nun zu rebellieren, die sich von den Firmen vergackeiert fühlten. Es entwickelten sich Verbraucherschutzorganisationen, die den Herstellern bestimmte gesetzliche Garantien über die Lebensdauer abrangen – allerdings blieb das Konzept der geplanten Obsoleszenz die Regel, und wird teilweise verstärkt angewandt. Gerade bei Elektrogeräten ist es heute augenscheinlich, dass konstant noch völlig ausreichende und generell intakte Geräte auf dem Müll landen, weil es neue Modelle gibt, eine eingeschweißte Batterie nicht ausgewechselt werden kann oder weil ein kleiner Zählerchip im Drucker diesen lahmlegt, wenn er eine bestimmte Anzahl Seiten gedruckt hat. Der Müll wird häufig illegal nach Afrika und Asien verschifft, wo ein geringer davon Teil repariert wird. Aus dem Rest werden unter zumeist extrem gesundheitsschädlichen Bedingungen und oft durch Kinderarbeit die leicht recyclebaren Teile, vor allem Metalle, herausgelöst und der Rest verseucht die Umwelt in den Regionen. So landen 70% des weltweiten Elektroschrotts in China, aber auch in westafrikanischen Ländern wie Ghana (eine Karte hier).

    Elektroschrott am Wegesrand.

    Elektroschrott am Wegesrand.

    Breite Gegenbewegung fordert eine nachhaltige Produktionsethik

    Inzwischen gibt es auf breiter Front eine Gegenbewegung: Wissenschaftler/innen, Journalist/innen, Umweltschützer/innen, Designer/innen und andere Recyclingaktivist/innen im Westen und regional an den den Schrottabladeplätzen ziehen gegen die eingbauten Verfallselemente und die somit stetig wachsenden Müllberge ins Feld. Sie leisten Lobbyarbeit in Politik und Wirtschaft, gestalten bewußt nachhaltige Produkte und umweltfreundliche Produktionskreisläufe, betätigen sich als Bastler/innen, die sich zusammenschließen, Tipps verbreiten, richten Reparatur-Anlaufstellen oder auch Verkaufsstellen für reparierte Geräte ein, oder informieren über besonders anfällige Geräte, um vom Kauf abzuraten.

    Gerade die Computertechnik, die eine neue, bisher unbekannte Welle an unnötigem Elektroschrott erzeugt hat, bietet mit dem Internet auch eine Plattform, auf der sich diese Gegenbewegung austauschen und koordinieren kann. Besonders in den USA und in Russland gibt es seit Jahren eine Undergroundszene für solche Reparaturen. Wie die taz berichtete, hat sich auch in Österreich eine gut vernetzte Recyclingszene entwickelt, die beispielhaft ist. Diese ist laut taz vor allem auf die Aktivität von Sepp Eisenriegler, Gründer des Wiener Reparatur- und Service-Zentrums (RUSZ) zurückzuführen. Inzwischen gibt es mit dem RepaNet eine koordinierende landesweite Anlaufstelle für solche Angelegenheiten.

    Reparieren eröffnet neue Perpektiven

    Die österreichischen Aktivist/innen beschränken sich nicht nur auf nationale Grenzen, sondern bieten auch jenseits dieser Hilfestellungen an. Überhaupt hat der neue Recyclingboom einen starken sozialen Aspekt: Generell entwickelt jeder Mensch, der sich mit dem Thema befasst, einen neuen, bewussteren Zugang zu Konsum, Umwelt, gegenseitiger Verantwortung und solidarischem Verhalten durch gegenseitige Unterstützung. Aber besonders Langzeitarbeitslose oder auch Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen, die das Gefühl haben, in unserer Gesellschaft nicht wertgeschätzt zu sein und keine positive Rolle spielen zu können, haben hier eine Möglichkeit, ihr Können zu zeigen und ein adäquates Selbstwertgefühl zu entwickeln.

    Metallwerkstatt von Künstlern, die Schrott verarbeiten - zu Kunst, aber auch praktischen Dingen.

    Metallwerkstatt von Künstlern, die Schrott verarbeiten – auch zu praktischen Dingen.

    Zudem informieren sie in Veranstaltungen zum Thema und versuchen Einfluss auf die Politik auszuüben, sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene. Hier sollen grundsätzlich neue (alte), nachhaltige Vorstellungen zur Lebensdauer von Geräten entwickelt werden und gegen die eingebaute Obsoleszenz angekämpft. Allerdings stellt man damit auch das aktuelle kapitalistische Wirtschaftssystem in Frage, das überhaupt erst zu dieser diese Idee, die ja an sich jenseits des reinen Profitgegankens völlig irrsinnig ist, führte.

    Besonders in den USA gibt es schon länger aktive Lobbygruppen, die Firmen und Politik zu solchen neuen nachhaltigen Standards in der Firmenethik und Gesetzgebung zwingen wollen bzw. das erfolgreich getan haben, wie z..B. E-Stewards, die Electronics Take Back Coalition, die Step Initiative und die internationale Non-Profit-Lobbygruppe Basel Action Network (BAN) bei Elektroschrott. Auch die weltweite Zero-Waste-Bewegung wächst, die ein allgemeines Denken in Kreisläufen, in denen nichts “Abfall” ist, sondern wie in der Natur immer wieder auch Grundlage für Neues (dazu demnächst mehr auf Plan A(lternative)). Selbst die politisch aktuell eher zweifelhafte britische Regierung hat sich einen Zero-Waste-Gedanken zumindest auf die Fahnen geschrieben, der eine Verantwortung der Produzent/innen der Produkte beinhaltet. Allerdings geht es hier noch um freiwillige Übernahme von Verantwortung – eine der wichtigsten Forderung der Aktivistinnen ist eine gesetzliche Rücknahmepflicht der Hersteller zur Entsorgung.

    Bevor es in die Tonne geht: Probieren, ob man es reparieren kann, oder einer anderen Verwendung zuführen, oder ob es noch jemand anders gebrauchen kann.

    Bevor es in die Tonne geht: Probieren, ob man es reparieren kann, oder einer anderen Verwendung zuführen, oder ob es noch jemand anders gebrauchen kann.

    Reparaturcafés als konkrete Anlaufstelle im Real Life

    Jenseits der politischen und großen ökonomischen Ebene haben sich aus der weltweiten Reparatur-Szene Repaircafés entwicklet, in denen sich Hilfesuchende und Bastler/innen begegnen und erstere lernen, selber Reparaturen auszuführen. Sie sind auch Austauschort für Tipps zur lokalen Szene und das Internet, wenn man konkrete Dinge sucht. Repaircafés sind inzwischen an vielen Orten in Nordamerika und Europa zu finden (Liste hier). Es steht Basteler/innen auch nichts im Weg, so ein Repair-Café im eigenen Ort oder Viertel zu organisieren – entweder nach eigenem Gusto als “Heimwerkerkercafé” oder ähnlich, oder offiziell im Repair-Café-Netzwerk, wo es ein paar Regeln, aber auch Unterstützung gibt.

    Vertieft man sich ein wenig in das Thema, wird das unweigerlich auch Auswirkungen auf das eigene Konsumverhalten haben: Man wird feststellen, dass man gar nicht mehr immer das Neueste, Angesagteste braucht, Vieles repariert werden kann und noch ein paar Jahre hält und dass man sich vom gesparten Geld lieber ein wirklich haltbares Produkt kauft und keins, was schon als geplanter Schrott geliefert wird.

    I fix it – Reparaturanleitungen und Tipps (English)

    Instructables – Reparaturanleitungen und Bautipps (English)

    Kaufen für die Müllhalde from Hans Fleischer on Vimeo.

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    http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/geplante-obseleszenz-und-was-man-dagegen-tun-kann/feed/ 0
    „Terra Preta“ – Schwarzerde der Amazonas-Kultur als Rettung für die weltweit ausgelaugten Böden http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/20/terra-preta-schwarzerde-der-amazonas-kultur-als-rettung-der-weltweit-ausgelaugten-boden/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/20/terra-preta-schwarzerde-der-amazonas-kultur-als-rettung-der-weltweit-ausgelaugten-boden/#comments Wed, 20 Nov 2013 16:05:52 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=3874 Die so genannte Grüne Revolution versprach in den 60ern, die Krise der Nahrungsmittelversorgung der Welt zu lösen. Inzwischen zeigt sich, dass sowohl hybride und ggf. genmanipulierte Hochertragssorten nicht die Lösung sind, als auch die industrielle Landwirtschaft eher negative als positive Auswirkungen hat. Nicht nur werden so große, global agierende Konzerne bevorzugt, während lokale Landwirtschaftsstrukturen weltweit zusammenbrechen, sondern es wird auch die Saatgutvielfalt vernichtet, Pestizide verseuchen den Boden, die Menschen und die landwirtschaftlichen Produkte.

    Weizen Hochleistungssorte in Israel / Foto: Wikipedia / User H20

    Weizen Hochleistungssorte in Israel / Foto: Wikipedia / User H20

    Zudem werden die Böden ausgelaugt – sie erhalten mineralischen Dünger, aber der organische kommt zu kurz. Nicht nur in fernen Ländern, sondern auch hier in Deutschland erleben die Böden einen erschreckenden Rückgang des Humusgehalts – in Brandenburg hatte der sandige Boden vor 150 Jahren immerhin noch 4 % davon – jetzt sind es 0,1 % und weniger. Die Magdeburger Börde, eine der humusreichsten Böden Deutschlands, kommt gerade noch auf maximal 2 % – einstig waren es 7 – 14 %. Und selbst wenn man auf Kunstdünger setzt – dessen zentraler (und umweltschädigender) Rohstoff Phosphat, aus Phosphor gewonnen, geht in wenigen Jahrzehnten aus. Umgekehrt verursachen die in die Ozeane gespülten industriellen Düngemittel die seit den 1960ern kontinuierlichen so genannten “Todeszonen” in den Ozeanen, die entscheidend zum befürchteten Austerben der Salzwasserfische beitragen.

    Das schwarze Gold des El Dorado

    Terra Preta, die schwarze Erde der Amazonas-Kultur, kann hier die Rettung sein. Sie ist das Produkt aus den Abfallgruben einer Zivilisation, die den Viren und Bakterien der Europäer zum Opfer fiel, bevor sie von diesen überhaupt bemerkt wurde. So hielt man die Berichte der frühen spanischen Eroberer über große, komplexe Siedlungen mitten im Regenwald jahrhundertelang für Hirngespinste. Der Urwald hatte die Reste der Zivilisation innerhalb weniger Jahrzehnte überwuchert. Die überlebenden Amazonas-Indianer hielt man für Überbleibsel der Steinzeitkultur.

    Während die Strukturen der früheren Siedlungen erst in den letzten Jahren via Google Earth und aufgrund der rücksichtslosen Brandrodungen im Regenwald wiederentdeckt wurden, fand man bereits in den 60er Jahren ein ganz anderes Erbe dieser untergegangenen Kultur. Dieses ist im Zweifel wertvoller als große Bauwerke oder das Gold des El Dorado, was die spanischen Eroberer vergeblich im Regenwald suchten: Eine merkwürdige schwarze Erde, mitten im unfruchtbaren Regenwaldboden. Diese ist nicht nur eine der fruchtbarsten Erden der Welt, sondern sie behält diese Fruchtbarkeit auch auf Dauer und regeneriert sich – im Gegensatz zu den aktuellen Brandrodungen im Regenwald, wo nach wenigen Jahren der Boden ausgelaugt bzw. weggespült ist.

    Regenwald im Amazonasgebiet Wikipedia / User lubasi

    Regenwald im Amazonasgebiet Wikipedia / User lubasi

    Suche nach dem Geheimnis der Wundererde

    Wissenschaftler/innen versuchten lange vergeblich, der Wundererde ihr Geheimnis zu entlocken. Man fand in der Terra Preta neben diversen Tonscherben auffällig viele Holzkohlestückchen, aber auch menschliche und tierische Fäkalien und Küchenabfälle. Erste Arbeiten dazu gab es auch in Deutschland Ende der 70er. Seit ein paar Jahren ist das Thema wieder hochaktuell. Es gibt mehrere wissenschaftliche Projekte, die sich damit befassen, z.B. an der Uni Halle, bei den Abwasserforschern der TU Hamburg Harbug, oder der FU Berlin. Aber auch einzelne Aktivist/innen wie der Biologe Dr. Jürgen Rekin, oder Geschäftsleute wie die Betreiber von Palaterra haben mit Rezepten für das Schwarze Gold der Indios experimentiert. Inzwischen hat sich eine ganze Undergroundszene aus Terra-Preta Begeisterten entwickelt, die sich das wiedergefundene Wissen um den Dauerhumus zunutze macht. Aber auch ganz “normale” Kleingärtner/innen können inzwischen von verschiedenen Anbieter/innen selbstgemachte Terra-Preta-Versionen erwerben.

    Inzwischen hat man herausgefunden, dass es vor allem die so genannte Pflanzenkohle (Holzkohle aus Holz oder anderen Pflanzenresten) ist, die die Terra Preta von anderen Schwarzerden unterscheidet – sie ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass sowohl Feuchtigkeit als auch Nährstoffe über lange Zeit in der Erde gespeichert werden. So kann sich ein reiches Leben an Mikroorganismen und Insekten entwickeln, dass neue organische Stoffe, wie z.B. Laub, Fäkalien oder Küchenabfälle, zu neuer fruchtbarer Erde verwandelt, und den Boden auch locker und luftig. Die Biokohle verhindert auch, dass ein großer Anteil der organischen Substanz vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut wird, wie es bei herkömmlichem Kompost der Fall ist. “In den Boden eingemischt, scheint die Holzkohle [auch] als Biokatalysator zu wirken, indem sie die Ausbeute an Humus entscheidend verbessert: Offenbar bewirkt sie, dass die relativ kleinen und instabilen Huminsäuremoleküle rascher als gewöhnlich zu stabilen Großmolekülen verkettet werden,” erklärt Terra-Preta-Aktivist Jürgen Rekin.

    Terra Preta über dem natürlichen Regenwaldboden / Screenshot Doku Rettung aus dem Regenwald?

    Terra Preta über dem natürlichen Regenwaldboden / Screenshot Doku Rettung aus dem Regenwald?

    Wie kann uns Terra Preta helfen?

    Dass Kleingärtner/innen mit Hilfe von Terra Preta Monsterobst ziehen können ist eher eine nette Spielerei. Relevanter wird der Einsatz schon beim Urban Farming, wo man auf kleiner Fläche viel Ertrag gewinnen will, der tatsächlich eine Rolle in der Ernährung der Stadtbewohner/innen spielen soll. Zentral kann sie jedoch sein, wenn sie wirklich konsequent und systematisch eingesetzt wird, um die ausgelaugten Böden weltweit wieder zu regenerieren. Der Hamburger Professor Ralf Otterpohl ist überzeugt, dass die Erde so sogar bis zu 30 Milliarden Menschen ernähren könne.

    Der Abfallwirtschaftler arbeitet derzeit mit seinen Kolleg/innen an einem Kreislaufsystem, dass dem der Indios gar nicht so unähnlich ist: Mit Komposttoiletten will er zunächst das Abwasserproblem in den Großstädten lösen. Allerdings sollen die Fäkalien nicht einfach entsorgt, sondern eben zur Düngerherstellung verwandt werden. Außerhalb der Städte sollen sie mit Bioabfällen vermengt und nach der entsprechenden Aufarbeitung auf die Äcker ausgebracht werden. Wie man die notwendige Holzkohle produziert, wenn man diese Erde aufwerten will, ist zumindest auf kleiner Ebene auch geklärt: In den hocheffektiven Holzvergaseröfen bzw. -Kesseln wird das Gas, das aus Biomasse kommt, verbrannt – das Holz selbst kann als Holzkohle verwandt werden. Effektiv hat das Team dies schon bei einer 7000-Hektar Reisfarm in Senegal ausprobiert, dessen Böden völlig ausgelaugt waren.

    Testfeld der Uni Halle im Wendland / Screenshot Doku "Terra preta" - Wundererde für das Wendland

    Testfeld der Uni Halle im Wendland / Screenshot Doku “Terra preta” – Wundererde für das Wendland

    So ein System auch in Deutschland in größerem Rahmen zu implementieren, wird allerdings viel Überzeugungsarbeit und Willen zum Umdenken brauchen. Für diese Überzeugungsarbeit benötigt man aufgeschlossene Geschäftsleute. Diese wollen betriebswirtschaftlich positive Bilanzen – wie z.B. bei dem Experiment der Universität Halle mit der Terra Preta auf einem Gut im Wendland. Hier soll drei Jahre lang nach dem besten Bodenrezept und allgemein den Ergebnissen des Terra-Preta-Einsatzes in der heimischen Landwirtschaft gesucht werden, um sie später großflächig einzusetzen.

    Wem gehört Terra Preta?

    Die Allianz aus Aktivist/innen, Akademiker/innen und Geschäftsleuten, die sich um die Wundererde bildet, ist an sich sehr vorteilhaft. Sogar für Klimaschützer ist Terra Preta interessant, da sie auch das Treibhausgas CO 2 bindet. Menschen mit unterschiedlichen Stellungen in der Gesellschaft, unterschiedlichen Ansichten und unterschiedlichen Interessen ziehen hier an einem Strang. Allerdings gehört zu diesen unterschiedlichen Interessen auch die Frage der Patentierung. Darf dieses Kulturgut, was die Amazonas-Indianer der Welt geschenkt haben, Profit gezogen werden, darf anderen verboten werden, diese Technik ohne Lizenzname zu verwenden? Für die Meisten heißt die Antwort klar Nein, allerdings wollen Firmen wie Palaterra, die Millionen in die Forschung nach dem besten Rezept gesteckt haben, ihre Investitionen auch zurückbekommen.

    Die drängendere Frage im Moment ist jedoch erst einmal: Wie können wir erreichen, dass das schwarze Gold so populär wird, dass es in absehbarer Zeit die aktuelle industrielle Landwirtschaft revolutioniert und Pestizide und Genmais und Co. der Vergangenheit angehören? Wie bricht man den Widerstand der aktuellen Profiteure? Und wie kann auf diese Weise auch gleichzeitig mit den Böden eine dezentrale, lokale Landwirtschaft revitalisiert werden, die effektiv arbeitet und moderne Erkenntnisse mit dem alten Wissen und der Liebe zum Boden und den Pflanzen verbindet?

    Mehr Infos:

  • Terra Preta Wiki
  • Rettung aus dem Regenwald? Die Wiederentdeckung der Terra Preta – Dokumentarfilm von Ingo Schulze und Christine Traber
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    http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/20/terra-preta-schwarzerde-der-amazonas-kultur-als-rettung-der-weltweit-ausgelaugten-boden/feed/ 0
    Sahelzone: Wie es einzelne Bauern schafften, eine ganze Region vor der Verwüstung zu retten http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/07/22/sahelzone-wie-es-einzelne-bauern-schafften-eine-ganze-region-vor-der-verwustung-zu-retten/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/07/22/sahelzone-wie-es-einzelne-bauern-schafften-eine-ganze-region-vor-der-verwustung-zu-retten/#comments Mon, 22 Jul 2013 18:34:01 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=1108 Nicht nur die Agrarindustrie bedroht weltweit die traditionelle Landwirtschaft – manchmal ist es auch das Althergebrachte selbst, wenn es nicht genügend den veränderten Umweltbedingungen und sozialen Entwicklungen angepasst wurde. Wo in früher Zeiten Menschen einfach verhungert sind oder wegzogen, gibt es heute Austausch- und Unterstützungsmöglichkeiten und wissenschaftliche Forschung, wie man sich den neuen Bedingungen anpassen bzw. gemachte Fehler korrigieren kann. Noch immer bedarf es allerdings herausragender Persönlichkeiten, Neugierige und Querköpfe aus den betroffenen Communitys selbst, die diese Veränderungen durchsetzen – und im Zweifel auf die besten Ideen selbst kommen, oft mit Rückgriff auf vergessenes oder falsch angewandtes traditionelles Wissen. Beispiel dafür sind zwei Erfolgsgeschichten aus der Sahelzone, wo kein staatliches Programm und kein Entwicklungshilfeprojekt zu fassen schien.

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    Ein “verrückter” Bauer rettet ein ganze Region

    Berühmt wurde der Bauer Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso, der das Leben von tausenden Menschen transformierte. Er hatte in den 1980ern begonnen, mit traditionellen Mitteln ein Stück Erde zu bebauen, das längst verloren geglaubt schien. Die Gegend am südlichen Rand der Sahelzone hatte gerade eine weitere längere Dürre hinter sich, die durch Abholzung und Überweidung verstärkt worden war. So wurde die Erosion des fruchtbaren Bodens gefördert und der wenige Regen drang nicht ein. Das Problem war auch international bekannt – ich kann mich erinnern, dass ich davon sogar in der Schule hörte, zu ebenjener Zeit. Es gab jedoch keine effektiven institutionellen Projekte, um es zu lösen.

    Heute bekommt Sawadogo Besuch von internationalen Agrar-Experten. Diese müssen ihn höchstpersönlich auf seinem abgelegenen Stück Land aufsuchen, da er weder Internet noch ein Telefon hat und auch die Post nur sporadisch kommt. Er hatte es nicht nur geschafft, mit einer Mischung aus vergessenen althergebrachten Techniken, vor allem das Zaï, und eigenem Experimentieren das karge Stück Land in ein Hirsefeld zu verwandeln. Auf gleiche Weise pflanzte er auch Baumsamen. Jetzt ist sein Wald aus Affenbrot-, Tamarinden-, Niem- und Nérébäumen, in dem sich auch eine einzigartige Tierwelt angesiedelt hat, sowohl eine lokale als auch internationale Attraktion. Sawadogo, der schon als Kind mit traditionellen Anbau- und Heilmethoden in Berührung gekommen war, ist heute lokaler Medizinmann und Agrarexperte in einem. Die anderen Bauern kommen zu ihm, um sich Rat zu holen.

    Diese hatten ihn lange für einen eigenbrödlerischen Spinner gehalten. Erst als sein Vorgehen nach Jahren vorzeigbare Erfolge vorwies und auch das staatliche Agrarministerium auf ihn aufmerksam wurde, begannen sie ihn anzuerkennen. So konnte nicht nur die Ausdehnung der Wüste aufgehalten werden, sondern die Bauern der Region ernten mit Sawadogos Methoden teilweise das dreifache der Erträge, die sie vor der verheerenden Dürre Ende der 70er, Anfang der 80er erzielten.

    ‘The Man Who Stopped The Desert’ trailer from Mark Dodd on Vimeo.

    Bürgermeister als Vorbild

    Ähnliches trug sich 20 Jahre später im nördlichen Äthiopien zu, in der Provinz Tigray am nordöstlichen Ausläufer der Sahelzone. Noch vor wenigen Jahren sollte hier ganze Dörfer evakuiert werden, weil der Boden verdorrt und die Bewohner/innen scheinbar dauerhaft von Hilfe von außerhalb abhängig waren. Auch hier war das Problem neben ausbleibendem Regen die Überweidung, die Abholzung und ein schlechtes Wassermanagement.

    Hier war es Gebremichael Gidey Berhe, Bürgermeister des Örtchens Abrha Weatsbha, der die Initiative ergriff: Er hatte es satt, dass sein Dorf nicht für sich selbst sorgen konnte, und spätestens die Angst vor Umsiedlung brachte alle Bewohner dazu, bei seinem 2004 begonnenen Projekt mit anzupacken. Schon 1998 hatte die äthiopische Regierung einen neuen Landnutzungsplan als Alternative zur Umsiedlung der 5000 Bewohner angeboten. Mit finanzieller Unterstützung sollten die Anwohner alle Bauarbeiten selber leisten. Gemeinsam bot man der Bodenerosion Einhalt, in dem man Terrassen an die trockenen Hügel baute, Brunnen bohrte und Bewässerungsgräben aushob. In frisch gebauten Auffangbecken wird das Wasser gespeichert. Die Rinder werden jetzt in Umzäunung gehalten, damit sie nicht jedes keimende Grün gleich wieder wegfressen. Neben Obstbäumen wurden 224,000 Hektar mit Waldbäume wieder aufgeforstet, die nachhaltig bewirtschaftet werden. Sie liefern Biomasse, halten den Boden fest und sind Wasserspeicher.

    Die meisten Methoden waren weder neu noch kompliziert – nur mussten die Menschen dazu gebracht werden, aus ihrem alten Trott auszusteigen, neugierig zu werden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Er selbst ging im Alltag mit gutem Vorbild voran und konnte zudem finanzielle Unterstützung u.a. durch das United Nations Development Programme und das World Food Programme sichern. Die Abrha Weatsbha Initiative wurde im vergangenen Jahr mit einer Preis für nachhaltige Community-Projekte der Equator Initiative der UN ausgezeichnet.

    Hillside_Farm,_Tigray_Region,_Northern_Ethiopia_Elitre

    Auch hier konnten die Methoden mit Hilfe von institutioneller Unterstützung und wissenschaftlicher Erforschung im In- und Ausland erfolgreich auf eine ganze Region übertragen werden. Mittlerweile gibt es 350 ähnliche Projekte im ganzen Land, die staatlich koordiniert werden. Wo noch vor wenigen Jahren Kargheit und Bodenerosion, Hunger und Verzweiflung das Bild prägten, wachsen heute zwischen Bäumen auf grüne Feldern Mais, Kohl, Tomaten und Mangos (s. u.a. Fotostrecke beim World Food Programme und beim Equator Prize des United Nations Development Programme).


    Bildquellen: Standbild aus The Man Who Stopped the Desert / Wikipedia (Alan Davey)

    Mehr Informationen (English)

  • The Man Who Stopped the Desert
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